Des Deutschen liebstes Kind ist, neben dem Auto, das Einfamilienhaus. Doch knappes Bauland und teils schlechte Energiebilanzen, sowie ein nachhaltiger Wohnraummangel in den Metropolen könnte zum Aussterben des klassischen Einfamilienhauses führen. Im Bezirk Hamburg-Nord setzt man auf ein Verbot dieser Bauweise. Ein zukunftsweisendes Beispiel für immer enger werdende Städte?
Wer aktuell im Bezirk Hamburg-Nord einen Bauantrag für ein Einfamilienhaus stellt, wird enttäuscht. Die Politik argumentiert mit negativer Energiebilanz und knappem Bauland und startet das Aussterben des klassischen Einfamilienhauses.
Zuviel Platz wird verschwendet wo Mehrfamilienhäuser den Wohnraummangel bekämpfen könnten. Damit setzen die Lokalpolitiker die strikten Vorgaben des rot-grünen Koalitionsvertrags um. Ein zukunftsweisendes Beispiel für Städte die unter Wohnraummangel leiden?
Wohnraummangel protegiert Aussterben des klassischen Einfamilienhauses
Ein Blick auf die Zahlen zu den Leerstandsquoten von Wohnraum in Hamburg verdeutlicht das Problem der Hansestadt. Seit 2006 sank diese Quote von 2,4 Prozent auf 0,7 Prozent innerhalb von vier Jahren und pendelte sich seit 2017 bis heute auf 0,5 Prozent ein. Mit anderen Worten: Es gibt deutlich zu wenig verfügbaren Wohnraum in Hamburg.
Wohl deshalb wurde im Jahr 2020 vereinbarten Koalitionsvertrag der rot-grünen Senatsregierung der Entschluss gefasst etwas daran zu ändern. Die Idee: Es sollen keine Einfamilienhäuser mehr gebaut werden. Im Ergebnis verbleibt mehr Bauland für Mehrfamilienhäuser, die auf den knappen Bauflächen weitaus mehr Wohnraum abbilden.
Wie die „Welt“ berichtete, zeichnet sich der Bezirksamtschef der Grünen, Werner-Boelz, für die Durchsetzung verantwortlich. Hamburg-Nord vereint auf einem Gebiet von 58 Quadratkilometern immerhin 13 Bezirke, so auch Langenhorn, Fuhlsbüttel, Winterhude und Eppendorf.
Schlechtere Energiebilanz und Baulandverschwendung durch Einfamilienhäuser
Ein Blick auf den Vergleich zwischen einem klassischen Einfamilienhaus und einem Mehrfamilienhaus verdeutlich das Problem. Zum einen benötigt ein Einfamilienhaus im Durchschnitt 500 Quadratmeter Bauland und wird, in der Regel, zweigeschossig erbaut. Die Grundfläche des Eigenheimtraums liegt bei circa 110 Quadratmetern, der Rest ist Garten. Ein Mehrfamilienhaus kann, je nach Bebauungsplan, durch weitaus größere Grundflächen und durch mehr Geschosse mehr Wohnraum bieten.
Aber nicht nur die Bauart von Wohnraum ist ein Argument für die politischen Entscheider in Hamburg. Wohl auf die Herstellungskosten zeigen es deutlich. Ein Quadratmeter eines Einfamilienhauses verschlingt im Durchschnitt 1.800 Euro, der eines Mehrfamilienhauses nur 1.400 Euro.
Schaut man sich die Energiebilanz beider Bauarten an, hat auch hier das Mehrfamilienhaus die Nase vorn. Und das ohnehin knappe Bauland in Hamburg könnte dieser Idee eines Verbots von Einfamilienhäusern im Stadtbereich auch anderen Metropolen Nahrung verleihen.
Kurzum: Der Geschossbau kann, im Gegensatz zu Einfamilienhaussiedlungen, weitaus mehr Menschen Wohnraum bieten. Und immer steigende Anforderungen an die energetische Bilanz von Gebäudetypen unterstützen argumentativ diese Vorgehensweise.
Flächenverbrauch bei Einfamilienhäusern zu hoch
Ein Blick in die Statistiken liefert hilfreiche Einblicke zum Flächenverbrauch von Einfamilienhaus und Mehrfamilienhaus. In einem Einfamilienhaus wohnen statistisch betrachtet 1,5 Personen je Wohneinheit, bei einem Zweifamilienhaus sind es 1,7 Personen. In einem Mehrfamilienhaus in Geschossbauweise errichtet sind es 2,5 Personen.
Betrachtet man den Flächenverbrauch beider Bautypen ergibt sich folgendes Bild: Satte 41 Prozent der Bauflächen sind mit Einfamilienhäusern belegt, die 31 Prozent aller Wohneinheiten Platz bieten. Mehrfamilienhäuser stehen auf 33 Prozent der Baulandfläche, bilden aber 42 Prozent der Wohnflächen deutschlandweit ab.
Bauweise des Einfamilienhauses weitaus schlechter
Allein die Konstruktion des Einfamilienhauses spricht gegen diese Bauweise im Vergleich zum Mehrfamilienhaus. Erstgenanntes hat eine weitaus größere Außenfläche bei geringerem umbauten Raum. Im Ergebnis verbraucht man mit circa 15 Kilowattstunden mehr Kosten fürs Heizen.
Betrachtet man zukunftsweisende Stadtplanungskonzepte, die durch kompakte innerstädtische Bauweisen Energie einsparen und gleichzeitig das geringe Gut Bauland effizient ausnutzen, dürften auch andere Stadtoberen über ein Verbot von Einfamilienhäusern nachdenken.
Der Trend zukunftsweisender Städteplanung
Bei zu wenig Bauland und dem Ziel eines umweltbewussteren und energetisch nachhaltigen Wohnens gehört dem Mehrfamilienhaus, zumindest in den Städten, die Zukunft. Ein Blick auf Neubauprojekte in allen Städten Deutschlands zeigt den Trend zukunftsweisender Städteplanung.
In der Regel entstehen ganze Neubausiedlungen mit vier bis fünf Geschossen auf alten Gewerbebrachen in Kompaktbauweise. Dort, wo auf 10.000 Quadratmetern früher 20 Einfamilienhäuser entstehen hätten können, werden nunmehr 300 Wohneinheiten geplant und gebaut.
Die Novelle des Baugesetzbuches schlägt in die Kerbe. Gemeinden haben es einfach neues Bauland innerhalb des Stadtkerns auszuschrieben. Und Architekten und Stadtplaner entwickeln dichte Bebauungstypen die in den modernen, energieeffizienten Charakter einer urbanen Stadt passen.
Am Ende wird auch die kommende Deutschland-Wahl teils über die Zukunft des zweitliebsten Kindes der Deutschen entscheiden. Fakt ist aber: Es braucht nachhaltige Konzepte, die den Neubau von Wohnraum in ausreichendem Maße vorantreiben. Und das klassische Einfamilienhaus in die Umlandregionen der Städte zu verbannen, könnte ohnehin dem Wunsch vieler Familien entsprechen der engen Metropole den Rücken zu kehren.