Wie sich Immobilieneigentümer gegen Enteignung wehren können – Teil II

Eigentümer können sich gegen Enteignung wehren

Inhalt:

Die Enteignung einer Immobilie zum Wohle der Allgemeinheit ist selten, kommt aber vor. Wurden im laufenden Verfahren seitens der Behörden Fehler gemacht, können sich Immobilieneigentümer wehren. Oder man nimmt das gesetzlich vorgeschriebene Entschädigungsangebot an. Auch eine Rückenteignung ist rechtlich möglich.

Wenn der Staat, das Land oder die Gemeinde ein Infrastrukturprojekt plant, geht das in der Regel mit der Enteignung von Immobilien einher. Die Rechtsgrundlagen für die Enteignung und wie ein Enteignungsverfahren abläuft, erklärten wir im ersten Teil.

Doch was, wenn der öffentlichen Hand im Verfahren Fehler unterliefen? Das kommt häufiger vor, als man denkt. Immobilieneigentümer haben das Recht, gegen den Enteignungsbeschluss vorzugehen, sich zu wehren. Doch ergibt das Sinn, wenn die stets zu gewährende Entschädigungsleistung den Wert der verlorenen Immobilie abbildet?

Arten und Höhe der Entschädigung bei Enteignung

Zuerst ein Blick auf die unterschiedlichen Arten von Entschädigungsleitungen durch die öffentliche Hand. Die Entschädigung kann sowohl vor einem Enteignungsverfahren als auch vorher erfolgen, wenn der Immobilieneigentümer damit einverstanden ist. Eine Entschädigung muss immer gewährt werden. Alles andere wäre verfassungswidrig.

In 95 Prozent der Fälle wird mit Geld entschädigt. Der Gesetzgeber schreibt keine genauen Beträge vor, jedoch gilt der Verkehrswert der Immobilie als rechtsverbindlich. Als Verkehrswert versteht man den aktuell am Markt erzielbare Preis der Immobilie. Zur Bemessung des Verkehrswertes gilt, gemäß Baugesetzbuch, der Zeitpunkt, an dem die Entscheidung über den Antrag zur Enteignung gefallen ist.

In Zeiten, in denen die Immobilienpreise sehr hoch sind, kann man sich glücklich schätzen. Jedoch entsteht oft Streit, da die Angebote seitens der öffentlichen Hand oft uns bis maximal 25 Prozent des Verkehrswertes niedriger ausfallen. Der Staat will halt sparen.

Spätestens in diesem Fall sollte ein Fachanwalt das Angebot prüfen und notfalls einen Gutachter bemühen. Die öffentliche Hand darf nur in begründeten Ausnahmefällen ein niedrigeres Angebot unterbreiten.

Immobilieneigentümer sollten stets prüfen, ob sie das Angebot nach dem Antrag auf Enteignung annehmen, oder den Weg des Enteignungsverfahrens beschreiten.

Gemäß § 100 BauGB ist auch eine Entschädigung in Form von Land oder die Gewährung von Rechten möglich. Jedoch muss das von der öffentlichen Hand angebotene Land wertgleich sein.

Wie sich Immobilieneigentümer gegen eine Enteignung wehren können

Kommen wir nun zum Kern des Artikels, zu den Möglichkeiten sich gegen eine Enteignung zu wehren. In der Regel muss man sich darüber bewusstwerden, dass Infrastrukturprojekte nur selten eine Chance bieten, gegen eine Enteignung vorzugehen. Immobilieneigentümer haben nach Eingang des Antrags auf Enteignung folgende Möglichkeiten:

  • Den Verkauf der Immobilie vor Enteignung. Davon sollte man Abstand nehmen. Als Verkäufer ist man verpflichtet, dem Käufer mitzuteilen, dass die Immobilie enteignet werden soll.
  • Die Annahme der Entschädigungsleistung. Ob Ausgleich durch wertgleiches Land oder Ausgleichszahlung. Die Annahme ist in der Regel oft der beste Weg, zumal der Verkehrswert ungleich höher sein dürfte als der Anschaffungspreis der Immobilie.
  • Einspruch gegen den Enteignungsbeschluss. Hier haben Immobilieneigentümer vier Wochen nach Eingang des Beschlusses Zeit, juristisch gegen die Enteignung vorzugehen. Das macht nur dann Sinn, wenn im Enteignungsverfahren, hier Informationen im ersten Teil, Fehler unterliefen. Eine juristische Auseinandersetzung kostet Zeit und Geld und ein Einspruch sollte nur dann erfolgen, wenn eine klare Aussicht auf Erfolg besteht. Ein Fachanwalt ist hier unbedingt erforderlich.

Die Rückenteignung als letztes Mittel

Jeder Immobilienbesitzer hat das Recht auf Rückenteignung gemäß § 102 und 103 BauGB, jedoch nur in Ausnahmefällen. Nach Beschluss zur Enteignung haben Immobilieneigentümer zwei Jahre Zeit, einen Antrag auf Rückenteignung zu stellen. Auch wenn die Rückenteignung viel Aufwand bedeutet, besteht unter Annahme der folgenden Gegebenheiten eine Chance seine Immobilie wiederzuerlangen:

  • Die öffentliche Hand hat das Land „auf Vorrat“ enteignet. Gerade bei wohnungspolitischem Engagement ist diese Enteignungsart nicht selten.
  • Das enteignete Land wurde nicht innerhalb der im Antrag zur Enteignung genannten Frist verwendet. Der Antragsteller, also der Gemeinde, muss eine Frist zur Verwendung benennen, also wann sie mit der Umnutzung oder dem Bauprojekt beginnen will. Wird diese Frist erheblich überschritten, ist eine Rückenteignung zumindest möglich.
  • Der Grund für die Enteignung hat sich erledigt. Dies ist dann der Fall, wenn die Gemeinde die geplante Straße baut oder das Infrastrukturprojekt nicht vollzieht. Dann entfällt der Grund für die Enteignung und somit sollten zumindest an dieser Stelle über eine Rückenteignung nachgedacht werden. Doch Vorsicht: Teils führen politische Gemengelagen und finanzielle Engpässe zur Nichtumsetzung des geplanten Projektes. Was nützt die Rückenteignung, wenn das Projekt dann fünf Jahre später wieder angegangen werden soll?

Im Resümee ist der Weg der Rückenteignung komplex und nur in seltenen Fällen aussichtsreich. Doch Achtung: Gehen Immobilieneigentümer diesen Weg, muss beachtet werden, dass eine Rückenteignung abgelehnt werden kann, wenn das betreffende Land bereits erheblich verändert wurde. Wird der Antrag auf Rückenteignung genehmigt, muss dem Betroffenen, also die öffentliche Hand, gemäß § 103 BauGB eine Entschädigung geleistet werden.

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