In keiner Stadt Deutschlands stiegen die Mieten so rasant in den letzten Jahren wie in der Hauptstadt. Nun präsentierte Bausenatorin Lompscher den Berliner Mietspiegel, wonach die Mieten langsamer steigen, als angenommen. Wirken Mietpreisbremse, Milieuschutz und die angedrohte Enteignungspolitik bereits?
Die Gazetten waren voll von der Nachricht, der Berliner Senat wolle Immobilien in der Hauptstadt enteignen und ein Raunen ging durch ganz Deutschland. Befürworter dieser rigiden Lösung, um dem Mietenwahnsinn
entgegenzusteuern, sehen in den aktuell vorgelegten Daten zum Berliner Mietspiegel ein Signal, dass bereits die Androhung der Vergesellschaftung von Immobilien den Immobilienmarkt entlastet.
Andere betrachten allein die Mietpreisbremse, den stark ausgeweiteten Milieuschutz einiger Bezirksteile und das klare Vorgehen in punkto Zweckentfremdungsverbot als probates und nun auch nachweisbar gutes Mittel die Mieten in der Hauptstadt halbwegs konstant zu halten. Ein Blick auf die Faktenlage lohnt.
Nachweislich steigen die Berliner Mieten langsamer
Als die Bausenatorin den neuen Berliner Mietspiegel präsentierte, staunten viele nicht schlecht. Der letzte Mietspiegel aus dem Jahre 2017 wies noch Mietsteigerungen von 4,6 Prozent aus, mithin Spitzenreiter der Top-Seven der größten Städte Deutschlands. Doch die aktuellen Zahlen, die sich auf den Zeitraum ab 2017 beziehen, weisen nur noch 2,5 Prozent aus.
Vergleicht man die aktuelle Berliner Durchschnittsmiete von 6,72 Euro pro Quadratmeter mit Hamburgs 8,44 Euro und Münchens 11,69 Euro pro Quadratmeter, so scheint Wohnraum an Spree und Havel noch erschwinglich zu sein.
Doch der Schein trügt, denn die Einkommen liegen in Berlin bei einer jährlichen Summe von (nur) 19.719 Euro. Den Münchner Haushalten stehen jährlich 29,685 Euro zur Verfügung, so eine Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts WSI hervor aus 2016.
Genau dieses Missverhältnis beklagt die Bausenatorin, deren Partei die Enteignung der Deutsche Wohnen durch Volksbegehren vorantreibt.
Die Ursachen für langsamer steigende Mieten in Berlin
Neubauprojekte gibt es nach wie vor zu wenige. Immerhin werden bis 2030 jedes Jahr 40.000 Neuberliner eine Bleibe benötigen und die tatsächlichen Neubauten sind weit vom Bedarf entfernt.
Lompscher verwies als Ursache auf die Absprachen mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die ihre Bestandsmieten nur um maximal zwei Prozent pro Jahr erhöhen dürfen. Zum anderen seinen die Milieuschutzgebiete, die der Berliner Senat umfangreich festlegte, ein Grund für die doch langsamer ausfallenden Mietsteigerungen. Immerhin, so die Bausenatorin, lebt jeder vierte Berliner in diesen „Schutzzonen“, in denen Luxussanierungen erschwert werden.
Zum anderen aber scheint die Mietpreisbremse teils Wirkung zu entfalten, so Experten der Rot-Rot-Grünen Koalition. Und dass der Berliner Senat das Zweckentfremdungsverbot stringent verfolgt, ist hinlänglich bekannt.
Keine Einwände gegen die Berechnung des Berliner Mietspiegels?
Der Berliner Mietspiegel wird, wie in vielen Städten, von Mieterverbänden und Verbänden der Immobilienwirtschaft, entwickelt. Doch klagte die Deutsche Wohnen bereits erfolgreich gegen vergangene Statistiken, teils erfolgreich.
Insoweit ist die aktuelle Statistik zur Mietpreisentwicklung in Berlin ein Novum. Denn seit 2013 ist es aktuell das erste Mal, dass alle Verbandsmitglieder den Mietspiegel anerkennen. Der private Immobilienverband BFW beurteilt die Daten als „für alle Beteiligten fair“ und verbindet dies mit der Bitte, keinen Mietendeckel oder Enteignungen voranzutreiben.
Kritik am Senat und an der Bundesregierung
Klar, dass gerade die privaten Immobiliengesellschaften das Volksbegehren zur Enteignung als Untergang des Abendlandes betrachten. Klar aber auch, so unsere Meinung, dass dies nur ein Alibi für eine verfehlte Wohnungsbaupolitik der letzten Jahre ist.
Unzählige landeseigene Wohnungen, das Tafelsilber Berlins, wurden vor Jahren verkauft und wären im Rückkauf immens teurer. Und auch die Ausweisung von neuem Bauland hinkt ebenso hinterher, wie tatsächliche Neubauprojekte, so Kritiker aus der Opposition.
Und betrachtet man die aktuellen Fakten, wie zukunftsfähig Deutschlands Regionen sind und die enge Verbindung zwischen Wirtschaftswachstum und Wohnraum, sind intelligente und nachhaltige Konzepte der Gemeinden und Städte gefragt, um die Divergenz zwischen Stadt und Land Einhalt zu gebieten.
Doch nur der Landespolitik den schwarzen Peter zuzuschieben ist kaum sinnvoll und auch falsch. Die von der GroKo angepeilten zwei Milliarden für den sozialen Wohnungsbau sind absolut zu wenig. Die Frage der Bausenatorin ist zumindest ein Ansatz: Warum wird der Mietspiegel nicht Deutschlandweit berechnet, vereinheitlicht, um so dem gesamtdeutschen Wohnungsmarkt so zu entsprechen, wie es sein müsste?
Denn letztlich, und da sind sich alle politischen Kräfte, wie auch Vermieter und Mieter einig, ist bezahlbarer Wohnraum eine zentrale soziale Herausforderung, der der Bundesregierung endlich nachkommen muss.