Berliner Milieuschutzgebiete verändern sich durch Eigentumswandlung

Mietwohnungen modernisieren und sanieren

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Der Milieuschutz in Berlin verfolgt das Ziel, einer Verdrängung von Mietern entgegenzuwirken. Der Staat macht hierbei von seinem Vorverkaufsrecht Gebrauch. Aktuell zeigt sich jedoch der Trend, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Dieser betrifft verschiedene Bezirke unterschiedlich stark. Die Politik ist sich nicht einig, wie sie auf diese Entwicklung reagieren soll. Momentan werden die meisten Anträge zur Umwandlung in Milieuschutzgebieten bewilligt. Die Sorge, dass Großinvestoren die Immobilien aufkaufen und Luxussanierungen durchführen, ist groß.

Berlin möchte eine diverse Stadt sein und bleiben. Zu diesem Zweck wurde der Milieuschutz etabliert. Dieser gewährt den Bezirken ein Vorkaufsrecht bei Immobilien. Gingen nach der Einführung des Milieuschutzes die Umwandlungen von Mietwohnungen zurück, so steigt die Nachfrage aktuell wieder an. Den meisten Anträgen wird stattgegeben.

Die Politik hat noch keine klare Linie gefunden, wie sie auf diese neue Situation reagieren soll. Denn die Sorge ist erheblich, dass Großinvestoren Berliner Immobilien aufkaufen und so teuer machen, dass sich Mieter das Wohnen nicht mehr leisten können.

Die Idee hinter dem Milieuschutz

Berlin ist eine bunte und vielfältige Stadt mit ganz unterschiedlichen Mietergruppen. Im Rahmen der Milieuschutzgebiete sind Eigentümer verpflichtet, sich eine Genehmigung einzuholen, bevor sie Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln dürfen. Hierdurch soll verhindert werden, dass sich Menschen das Wohnen in bestimmten Regionen nicht mehr leisten können und aus ihren Kiezen vertrieben werden.

Außerdem besitzen die Bezirke ein Vorkaufsrecht und können Immobilien daher erwerben, bevor diese an private Investoren gehen. Nach Einführung der Milieuschutzgebiete zeigten diese Maßnahmen Wirkung und die Zahl der Umwandlungen reduzierte sich. Seit 2020 zeigt sich jedoch ein anderer Trend.

  • Die Milieuschutzgebiete sind in Berlin nach festen Straßenabschnitten eingeteilt.
  • Immer mehr Mietwohnungen werden in Eigentumswohnungen umgewandelt

In Berlin-Lichtenberg gibt es mit der Kaskelstraße und der Weitlingstraße gleich zwei Milieuschutzgebiete, in denen allein bis Juni insgesamt 111 Umwandlungen stattgefunden haben. Das entspricht einer Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im Bezirk Pankow waren es in der ersten Jahreshälfte 945 bewilligte Umwandlungen, während es im gesamten Jahr 2019 gerade einmal 840 waren. In Neukölln belief sich die Zahl der Anträge bis Juni auf 780 im Vergleich zu 970 Anträgen in ganz 2019. In Friedrichshain-Kreuzberg wurden bis Juni 850 Anträge auf Umwandlungen gestellt und in ganz 2019 waren es 1.050 Anträge.

Florian Schmidt von den Grünen ist Baustadtrat in Berlin und führt diese Entwicklung auf zahlreiche Entscheidungen der Berliner Landespolitik zurück. So erschwerten Werkzeuge wie die Mietpreisbremse, der Mietendeckel und das Zweckentfremdungsverbot den Versuch, mit Mietwohnungen Geld zu verdienen. Entsprechend würden sich immer mehr Eigentümer darauf besinnen, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln und diese dann zu verkaufen.

Politik uneinig, wie mit der Situation umzugehen ist

Schmidt fordert, dass Mieter in die Lage versetzt werden sollten, ihre Häuser selbst zu kaufen. Er schlägt hierfür das Mittel der Genossenschaften vor. Weiterhin empfiehlt er die Gründung einer Ankaufsagentur sowie die Bereitstellung von Förderdarlehen. Hiergegen wendet sich der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU, Stefan Evers, entschieden. Er sieht in dem Vorhaben eine „Einkaufsagentur“, die das Land enorm viel Geld kosten würde. Er empfiehlt der Landesregierung, sich deutlich gegen solche „kruden Ideen“ zu positionieren.

Hinweis: Der Interessenverband Haus und Grund sieht ein Problem darin, dass Eigentümern der Umgang mit Immobilien in Milieuschutzgebieten erschwert werde. Gerade deswegen würden sich immer mehr Eigentümer auf den § 172 im Baugesetzbuch (s.u.) berufen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer möchte Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen in Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt erschweren. Er will ein entsprechendes Gesetz erlassen, gegen das sich aber unter anderem einige Bundesländer und Verbände wehren. Zur Debatte stehen unter anderem ein generelles Umwandlungsverbot oder eine Regelung mit diversen Ausnahmen. Die Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher (Linke), spricht sich für eine Streichung aller Ausnahmeregelungen für Milieuschutzgebiete aus. Diese seien aus ihrer Sicht der Grund für eine Zunahme der Umwandlungen.

Den meisten Anträgen auf Umwandlung wird stattgegeben

Die Zunahme bei den Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen ist insbesondere auf § 172 im Baugesetzbuch zurückzuführen. Dieser besagt, dass eine Umwandlung immer dann bewilligt werden muss, wenn Eigentümer die entstehenden Wohnungen sieben Jahre ausschließlich den Mietern zum Kauf anbieten. Viele Eigentümer berufen sich auf diesen Paragrafen und warten ihre Zeit ab oder hoffen darauf, dass die Mieter wegziehen.

Anschließend sind sie beim Verkauf der Wohnungen frei. Für Mieter besteht eine zehn- bis zwölfjährige Kündigungssperrfrist. Diese ist häufig aber zu kurz. Entsprechend müssten die Mieter die Wohnungen selbst kaufen, was sich aber die wenigsten leisten können. Der Berliner Mieterverein fordert daher einen „grundsätzliche[n] Genehmigungsvorbehalt ohne Schlupfloch“.

Sorge vor Großinvestoren

Der Eigentümerverband Haus und Grund sieht eine wachsende Gefahr durch Großinvestoren, wenn Umwandlungen in Milieuschutzgebieten abgeschafft würden. Der Verband prognostiziert für einen solchen Fall, dass Immobilien dann im Ganzen verkauft werden, was im Grunde nur für Großinvestoren finanzierbar ist. Diese würden Luxussanierungen vornehmen und hierdurch finanziell weniger starke Mieter verdrängen. Sobald diese erst einmal weg wären, stünde einer Aufteilung der Immobilie in mehrere Eigentumswohnungen nichts mehr im Weg. Die Möglichkeit zum Kauf einzelner Wohnungen durch private Kleineigentümer berge dieses Risiko nicht.

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