Streit unter Nachbarn ist keine Seltenheit. Oft spielt sich dieser aber nicht im Haus, sondern im Garten ab. Hier erfahren Sie, was das Nachbarschaftsrecht hinsichtlich Grenzbepflanzung, wer für das Fallobst zuständig ist und wann wem die Laubrente zusteht.
Die Gartensaison ist in vollem Gange. Der Garten ist besonders während des heißen und trockenen Sommers ein Rückzugsort für viele. Doch Grenzbepflanzung, die Laubrente oder das Fallobst können zwischen Nachbarn regelrechte Kriege auslösen. Oft geht es um den Mindestabstand der Hecken oder wer welche schneiden muss. Genauso können die Höhe von Hecken, herabfallende Äste, Laub oder Früchte ein Reizthema sein. Dabei regelt das Nachbarschaftsrecht viele potenzielle Streitpunkte und ein Streit muss nicht zwangsläufig vor Gericht enden.
Wer sich auskennt, kann also den Frieden bewahren. Damit die grüne Idylle nicht zum Streit am Gartenzaun wird, erfahren Sie hier, was Sie über Themen wie Laubrente, Fallobst oder Grenzbepflanzung wissen müssen und warum es entscheidend sein kann, in welchem Bundesland Sie leben.
Grenzbepflanzung ist in Bundesländern unterschiedlich geregelt
Das Nachbarschaftsrecht ist in Deutschland Ländersache. Für die meisten Aspekte gibt es folglich keine einheitliche, bundesweit geltende Regelungen. Dies gilt auch für die Grenzbepflanzung, welche allzu oft zum Streitpunkt zwischen Nachbarn werden kann. Vergewissern Sie sich also stets, was in dem Bundesland gilt, in dem Sie leben. Denn die durch die Ländergesetze vorgesehenen Abstände oder Höhen können durchaus entscheidend voneinander abweichen.
Der Grenzabstand wird von dort gemessen, wo der Grundstücksgrenze nächstgelegene Pflanzenstamm wächst. Hat die Pflanze keinen Stamm, sondern zum Beispiel nur eine Vielzahl von Trieben, kann auch von der Mitte aus gemessen werden.
In Berlin etwa müssen Hecken über zwei Meter einen Abstand zum Nachbargrundstück von mindestens einem Meter einhalten. Bei Hecken unter zwei Metern sind es lediglich 50 Zentimeter. Zudem wird in Berlin zwischen stark wachsenden Bäumen (3 Meter Mindestabstand), nicht hochstämmigen Obstbäumen (1Meter Mindestabstand) und allen anderen Bäumen (1,5 Meter Mindestabstand) unterschieden.
Noch mehr differenziert wird beispielsweise in Hessen oder in Thüringen, wo es sogar Regelungen für Weihnachtsbaumbepflanzung und etliche andere Kategorisierungen gibt. In wieder anderen Bundesländern, so auch in Bayern, ist für Pflanzen aller Art, die eine Höhe von mehr als zwei Metern aufweisen, ein Mindestabstand von zwei Metern vorgesehen. In vielen Bundesländern, so auch in Schleswig-Holstein oder in Baden-Württemberg, erhöht sich der Mindestabstand in Relation zur Höhe der Pflanze oder des Baumes. Die unterschiedlichen Regelungen machen deutlich: Ein Blick ins Gesetz des Bundeslandes ist nicht nur empfehlenswert, sondern ein Muss!
Diese Regelungen kennt das Nachbarschaftsrecht für Bäume, Sträucher und Hecken
Die Abstandsregelungen der verschiedenen Bundesländer haben eines gemeinsam: Sie gelten für Bäume, Sträucher und Hecken. Viele Landesgesetze differenzieren zusätzlich noch zwischen Nutz- und Ziergehölzen. Für Büsche und Blumen gelten die Mindestabstandsregelungen hingegen nicht, sofern ihr oberirdischer Teil im Herbst abstirbt und sie nicht allzu hoch wachsen.
Auch für sehr dichte Einfriedungen oder Mauern, die die Grundstücke abgrenzen, gilt der Mindestabstand nicht. Voraussetzung ist aber, dass die Pflanzen nicht oder nur sehr wenig über die Einfriedung oder Mauer hinauswachsen.
Wird der Mindestabstand nicht eingehalten, kann dies vor Gericht enden
Die vorgeschriebenen Mindestabstände bei der Bepflanzung des Gartens mit Sträuchern und Bäumen in der Nähe der Grundstücksgrenze sollten nicht etwa als Empfehlung betrachtet werden. Da spart Ihnen nicht nur Nerven, sondern auch Kosten. Im Ernstfall kann daraus nämlich ein waschechter Nachbarschaftsstreit entstehen und oftmals kann sich nicht mehr gütlich geeinigt werden.
Die Folgen sind im Fall einer Niederlage vor Gericht nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die Kosten der Beseitigung. Zudem treffen Gerichte unterschiedliche Einzelfallentscheidungen. Der Grund dafür liegt nicht nur in den unterschiedlichen Landesregelungen, sondern auch an einem größeren Spielraum, der sich aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksicht im Nachbarschaftsrecht ergibt. Es empfiehlt sich also, es erst gar nicht zu einem Rechtsstreit kommen zu lassen.
Sind Sie nun aber doch betroffen und Ihr Nachbar hält sich vehement nicht an die Regelungen, beachten Sie, dass der Anspruch auf Beseitigung in den meisten Bundesländern nach einer gewissen Zeit verjährt. Die Verjährungsfristen gehen dabei von 2 bis zu 6 Jahren je nach Bundesland. Mit Eintritt der Verjährung genießt der Baum oder Strauch Bestandsschutz und er muss hingenommen werden. Dies gilt auch für neue Bewohner. Lassen Sie sich im Fall eines Falles nicht zu viel Zeit mit der Beanstandung.
Grenzbepflanzung, Laub und Fallobst – die häufigsten Streitpunkte im Einzelnen
Bei der Frage, worüber sich potenziell alles gestritten werden kann, ist der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Dennoch gibt es einige „Dauerbrenner“, die beim Großteil der Streitigkeiten zwischen Nachbarn eine Rolle spielen.
- Überhängende Äste und Wurzeln
Es klingt zunächst harmlos, aber überhängende Äste und Wurzeln können den Nachbarn regelrecht auf die Palme beziehungsweise auf den Ast bringen. Verlangt jemand von seinem Nachbarn, die Äste oder Wurzeln, die auf oder über sein Grundstück ragen, zu stutzen, muss gemäß § 910 Abs.1 S.1 BGB eine angemessene Frist gesetzt werden. Ein Schnitt muss während der Wachstumsperiode aber nicht erfolgen.
Nach Ablauf einer angemessenen Frist darf der beeinträchtigte Nachbar die Äste oder Wurzeln sogar selbst kappen – selbstverständlich nur, soweit sie auch sein Grundstück beeinträchtigen und nicht nach freiem Belieben. Die Standfähigkeit und Balance des Baumes muss dabei aber bewahrt werden. Die Kosten, die für den Schnitt anfallen, können von dem Nachbarn, dem die Äste oder Wurzeln gehören, hinterher verlangt werden.
Auch die Gemeinde kann einen Anspruch auf einen Rückschnitt haben, falls Äste oder Wurzeln öffentlichen Grund beeinträchtigen. Wird dieser Aufforderung nicht nachgekommen, ist auch die Gemeinde berechtigt, die Sache auf Kosten des Störers selbst in die Hand zu nehmen. Andersherum kann aber auch ein Straßenbaum private Grundstückgrenzen derart überragen, dass eine Beeinträchtigung des Eigentums gemäß § 1004 BGB vorliegt. Ist diese wesentlich, hat der Grundstückseigentümer einen Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch gegen die Gemeinde.
- Schatten durch Bäume sind grundsätzlich hinzunehmen
Wirft ein Baum des Nachbarn einen großen Schatten, kann dagegen nur sehr schwer vorgegangen werden, sofern der korrekte Mindestabstand eingehalten worden ist. Viele Gerichte entschieden bereits, dass Schattenwurf grundsätzlich hinzunehmen ist. Anders sieht es aus, wenn ein Baum oder ein Strauch hingegen doch zu nah an der Grundstücksgrenze steht. Der Nachbar muss in diesem Falle die Bepflanzung entweder zurückschneiden oder auf die richtige Entfernung umpflanzen. Dass Bäume, Sträucher oder Hecken von Grundstücksbesitzern als Lärm- oder Sichtschutz gepflanzt werden und dabei Schatten werfen, reicht jedenfalls nicht aus, um dagegen vorzugehen.
- Fallobst ist häufiger Streitthema zwischen Nachbarn
Pflückt ein Eigentümer seinen Obstbaum nicht, fällt das Obst wie es will – und unter Umständen auch mal auf das Nachbargrundstück. Gemäß § 911 BGB wechselt das heruntergefallene Obst seinen Eigentümer und die Früchte gelten fortan als Früchte dieses Grundstücks. Man spricht dabei vom sogenannten Überfall. Solange aber Früchte am Baum hängen, gehören sie dem Besitzer des Baumes – auch dann, wenn Äste die Grundstücksgrenze überschreiten. Selbst geerntet werden darf das Obst dann aber nicht. Der Nachbar und Besitzer des Baumes sollte vorher um Erlaubnis fragen, die Früchte des eigenen Baumes auf dem Nachbargrundstück zu pflücken.
Kommt es hingegen zum Überfall, liegt also fremdes Obst auf dem eigenen Grundstück, kann die Beseitigung der Früchte vom Baumbesitzer verlangt werden. Handelt dieser nicht, darf der Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks die Früchte wiederum auf Kosten des Baumbesitzers entfernen lassen.
- Im Herbst kommt mit dem Laub auch der Streit
Im Herbst kommt ein häufiger Streitpunkt hinzu: das Laub. Dass Laub zwangsläufig keinen Halt vor privaten Grundstücksgrenzen macht, ist bekannt. Gerichte betrachten den herbstlichen Laubfall als Naturereignis. Die Folge ist, dass Nachbarn Laub, das von fremden Grundstücken auf ihr eigenes fällt, in der Regel dulden und selbst entfernen müssen. Auch Samen- und Pollenflug muss grundsätzlich hingenommen werden. Aus diesem Grund enden die meisten Gerichtsverhandlungen wegen Laubfalls zugunsten des Baumbesitzers.
Ist der Laubfall des Nachbarn hingegen ungewöhnlich hoch und die Nutzung des Grundstücks dadurch unzumutbar stark beeinträchtigt, liegt der Fall anders. Dann ist der Eigentümer der Bäume gemäß § 906 Abs.2 BGB dazu verpflichtet, dem Betroffenen einen jährlichen Betrag in Form einer Laubrente zu zahlen. Die Höhe ist regelmäßig vom Reinigungsaufwand zu ermitteln.
Tipp: Auch wenn Laubfall als Naturereignis gewertet wird, ist hier und im Besonderen im Zuge des Winterchecks darauf zu achten, das Laub nicht unbedenklich liegen zu lassen. Die Gefahrtragungspflicht bleibt stets zu beachten.
Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und Vermeidung eines Rechtsstreits
Um einem Rechtsstreit vorzubeugen und ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis zu gewährleisten, sollte sich jeder vor der Bepflanzung des eigenen Gartens ausgiebig mit dem im jeweiligen Bundesland geltenden Nachbarschaftsrecht befassen. Auch Kommunikation kann mehr als ratsam sein: Sprechen Sie Ihren Nachbarn erst an, bevor Sie ihm bedrohliche Abmahnungen schicken. Hier macht der Ton die Musik und selbst wenn Sie im Recht sind, kostet der Streit und ein Gerichtsverfahren zunächst nicht nur Geld, sondern auch Nerven und Harmonie.