Die Fälligkeit der Mietzahlung darf nicht durch eine AGB-Klausel nach vorn verlegt werden. Eine darauf beruhende Kündigung ist nicht wirksam. Hier erfahren Sie, was die Hintergründe und Folgen des neuen Urteils sind.
Mögliche Streitpunkte zwischen Mietern und Vermietern sind leider keine Grenzen gesetzt. Obwohl alles eindeutig wirkt, sind die Amtsgerichte mit Mietrechts-Fällen gerade zu überflutet. Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg war nun mit einem Fall beschäftigt, in dem die Vermieterin auf Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung klagte – soweit, so gewöhnlich.
Dreh- und Angelpunkt für das Urteil war jedoch eine interessante AGB-Klausel im Mietvertrag, die die Fälligkeit der Mietzahlung vorverlegte und den Zahlungseingang zum maßgeblichen Zeitpunkt erklärte. Was in dem Fall passiert war, welche rechtlichen Erwägungen hinter dem Urteil des Amtsgerichts standen und was das für Sie als Vermieter bedeutet, erfahren Sie in diesem Beitrag.
AGB-Klausel war Grund für Kündigung
Dem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Schöneberg vom 11.07.2024, Aktenzeichen 105 C 21/24, lagen Unstimmigkeiten hinsichtlich einer im Mietvertrag verankerten AGB-Klausel zugrunde. Im November 2023 erhielt der später beklagte Mieter ein Schreiben von seiner Vermieterin. Mit diesem wurde ihm gegenüber zu seinem Erstaunen die Kündigung wegen wiederholt nicht pünktlich gezahlter Mietzahlungen ausgesprochen. Die Vermieterin kündigte ihm außerordentlich und hilfsweise auch ordentlich (sogenannte „Doppelkündigung“).
Zwar hatte der Mieter die Miete stets bezahlt. Die Vermieterin begründete den Verzug aber mit einer im Mietvertrag verankerten AGB-Klausel. Die Klausel sah vor, dass die Miete spätestens am 3. Werktag des Monats gezahlt sein musste. Zudem regelte sie aber, dass es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung nicht auf die Abwendung, sondern auf die Ankunft bzw. Gutschrift des Betrages ankomme. Diese Klausel ist umso ungewöhnlicher, da der Mietvertrag im Jahr 1992 – und damit vor der Mietrechtsreform – geschlossen wurde. In derartigen Altverträgen wurde die Miete in aller Regel erst am Ende des Monats fällig. Tatsächlich zahlte der Mieter die Miete teilweise erst nach dem 3. Werktag des Monats, aber stets vor dem letzten Tag des Monats.
Weil der Mieter die Kündigung ablehnte und auf die Fortführung des Mietverhältnisses bestand, klagte die Vermieterin auf die Räumung der Wohnung. Ihrer Ansicht nach sei der Mietvertrag wirksam beendet worden, wodurch ihr ein Räumungsanspruch zusteht. Der beklagte Mieter beantragte die Abweisung der Räumungsklage.
Vermieterin scheitert mit Räumungsklage
Das zuständige Amtsgericht Berlin-Schöneberg teilte die Ansicht der Vermieterin nicht. Nach Auffassung des Richters sei die Kündigung wegen mehrfach nicht rechtzeitig erfolgter Mietzahlung nicht wirksam. Vielmehr habe der Mieter die Zahlung rechtzeitig gezahlt und ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung bestehe nicht.
Das Gericht erachtete die Kündigung dabei aus mehreren Gründen für unwirksam. Zunächst sei der angebliche Zahlungsverzug als Kündigungsgrund schon nicht im Kündigungsschreiben angegeben worden. Doch abgesehen von diesem formellen Mangel läge der Kündigungsgrund auch der Sache nach nicht vor. Aufgrund des Mietvertrags sei die Miete erst zum Monatsende fällig. In dem Zeitraum, auf den sich die Vermieterin berief, zahlte der Mieter die Miete ausnahmslos vor Ablauf des Monats.
AGB-Klausel zur Vorverlegung des maßgeblichen Zeitpunkts unwirksam
Zentraler Punkt des Rechtsstreits und damit auch des Urteils war jedoch die AGB-Klausel, die die Fälligkeit der Mietzahlungen quasi vorverlegte und zudem regelte, dass es auf den Zahlungseingang ankommen sollte. Die Vermieterin pochte auf die Wirksamkeit der Klausel und hielt es daher für irrelevant, dass der beklagte Mieter die Miete vor Ablauf des Monats zahlte.
Nach Auffassung des Amtsgerichts sei die Klausel aber nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Demnach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies treffe nach Ansicht des Richters zu. Denn die AGB-Klausel bürde dem Mieter die Gefahr der Verzögerung des Zahlungsvorganges unangemessen auf. Denn der Mieter müsse ansonsten Banklaufzeiten beachten und das entsprechende Risiko hinnehmen. Praktisch müsse der Mieter bei Wirksamkeit der Klausel die Mietzahlung deutlich früher leisten, um diesen Umständen Rechnung zu tragen und auf Nummer sicher zu gehen. Dies führe laut Gericht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters.
Die Unwirksamkeit der Regelung, dass es auf den Zahlungseingang ankäme, führe zudem zur gesamten Unwirksamkeit der AGB-Klausel. Das heißt, auch der Teil der Klausel, der die Fälligkeit auf den 3. Werktag des jeweiligen Monats vorverlege, sei dem Amtsgericht zufolge unwirksam. Die Folge sei, dass die Mietzahlungen – wie es grundsätzlich in dem vor 2001 geschlossenen Mietvertrag geregelt ist – zum Ende des Monats fällig seien.
Hintergrund: Gesetzliche Regelung zur Mietzahlung
Mit der Einführung des § 556b BGB gilt, dass die Mietzahlung am dritten Werktag des Monats beim Vermieter eingegangen sein muss. Der Bundesgerichtshof stellte jedoch klar, dass § 556b BGB dahingehend verstanden werden müsse, dass ein Überweisungsauftrag bis zum dritten Werktag ausreichend sei, damit die Mietzahlung rechtzeitig erfolgt ist.
Davon abweichende Regelungen im Mietvertrag sind grundsätzlich zulässig und wären auch in dem Urteil des Amtsgerichts Schöneberg zugrunde liegenden Sachverhalts möglich gewesen. Allerdings darf eine solche Klausel im Mietvertrag den Mieter nicht unangemessen benachteiligen, dies war bei der streitgegenständlichen AGB-Klausel aber gerade der Fall.