Der Bevölkerungszuwachs in Deutschland wird nach der aktuellen Prognose des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) bis zum Jahr 2045 spürbar anziehen. Das wird nicht zuletzt erhebliche Konsequenzen für den Wohnungsmarkt und speziell die Miet- und Grundstückspreise haben. Es ist daher wichtig, sich rechtzeitig auf diese Entwicklung vorzubereiten.
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) prognostiziert bis 2045 einen Bevölkerungszuwachs in Deutschland um mehr als 800.000 Menschen. Hierdurch wird es zu einer steigenden Zahl von Rentnern und einem leichten Absinken bei den Menschen im erwerbsfähigen Alter kommen. Um auf diese Entwicklung vorbereitet zu sein und die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern, müssen zeitnah geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Wie diese aussehen könnten und welche Auswirkungen dieser Bevölkerungszuwachs in Deutschland haben wird, veranschaulicht dieser Beitrag.
Bevölkerungszuwachs: Die Zahl der Menschen in Deutschland nimmt zu
Laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) wird es bis zum Jahr 2045 zu einem Bevölkerungszuwachs in Deutschland kommen, sodass hier 85,5 Millionen Menschen leben werden. Das sind 800.000 Personen oder 0,9% mehr im Vergleich zu 2023. Allerdings ist der Bevölkerungszuwachs in Deutschland nicht einheitlich. Während vor allem in Großstädten und ländlichen Gebieten Bayerns und Baden-Württembergs die Zahl der Menschen steigt, nimmt sie in strukturschwachen Regionen tendenziell ab.
Diese Entwicklung hat verschiedene Auswirkungen auf das Wohnen hierzulande. So ist davon auszugehen, dass die Mietpreise tendenziell ebenso steigen werden wie die Grundstückspreise. Das liegt daran, dass die Nachfrage durch den Zuwachs weiter ansteigen wird, ohne dass es einen entsprechenden Anstieg auf der Angebotsseite gibt. Das gilt insbesondere deshalb, weil sich im Bereich der Neubauentwicklung nicht abzeichnet, dass das Bauen mit angezogener Handbremse in naher Zukunft ein Ende haben wird. Entsprechend wird der Wohnraummangel weiter zunehmen.
Der Bevölkerungszuwachs in Deutschland wird vor allem Städte und Landkreise in den alten Bundesländern betreffen. Den größten Zuwachs erwartet das BBSR für den Landkreis Ebersberg in Bayern. Hier wird ein Anstieg bis 2045 um 14% erwartet. Aber auch in kreisfreien Städten wie Freiburg, Breisgau, Potsdam und Leipzig wird ein erheblicher Anstieg bei der Bevölkerungszahl festzustellen sein. Ebenfalls stark nachgefragt werden Berlin und sein Umland sein, wodurch es auch hier zu einem erheblichen Wachstum kommen wird.
Ein Bevölkerungsrückgang wird hingegen in strukturschwachen Landkreisen erwartet, die sich nicht in der Nähe größerer Metropolen befinden. Hierzu gehören beispielsweise der Erzgebirgskreis in Sachsen, Greiz in Thüringen sowie Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt. Hier geht das BBSR davon aus, dass diese Gebiete rund 20% ihrer Bevölkerung verlieren werden. In Westdeutschland werden demgegenüber Teile von Nordhessen und angrenzende Regionen im Osten Nordrhein-Westfalens und in Teilen Saarlands an Bevölkerung einbüßen.
Immer mehr Rentner in Deutschland
Nicht nur die Verteilung der Menschen ist beim Bevölkerungszuwachs in Deutschland ungleichmäßig, sondern auch in Bezug auf das Alter zeigen sich deutliche Unterschiede. So wird die Zahl der Menschen im Rentenalter, also Personen die 67 oder älter sind, bis 2045 einen Anstieg um 13,6% verzeichnen und sich somit um 2,2 Millionen erhöhen. Insbesondere in vielen bayerischen Kreisen wird die Zahl älterer Menschen merklich ansteigen. In den neuen Bundesländern sinkt die Zahl zwar absolut, dafür nimmt der Bevölkerungsanteil der Rentner zu. Das liegt daran, dass schon jetzt in vielen Regionen deutlich mehr ältere als jüngere Menschen leben.
Überall dort, wo die Bevölkerungszahlen zurückgehen, wird laut dem BBSR das Durchschnittsalter massiv ansteigen. So ist davon auszugehen, dass in 2045 in den Landkreisen Vorpommern-Rügen in Mecklenburg-Vorpommern, Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt, Altenburger Land in Thüringen, Greiz in Thüringen und Spree-Neiße in Brandenburg die Bevölkerung ein Durchschnittsalter von 50 Jahren haben wird. Besonders jung sind hingegen Universitätsstädte wie Frankfurt am Main, München und Heidelberg, wo die Bevölkerung in 2045 immer noch deutlich jünger als 41 Jahre im Schnitt sein wird. Im Osten Deutschlands werden die jüngsten Städte Leipzig und Berlin mit einem Durchschnittsalter von jeweils 42 Jahren und Jena mit rund 43 Jahren sein.
Auf der anderen Seite sieht die Prognose zum Bevölkerungszuwachs in Deutschland voraus, dass die Zahl an Kindern und Jugendlichen bis 2045 vor allem in einigen kreisfreien Städten zunehmen wird. Besonders stark wird der Anstieg in München, Landshut und Freiburg im Breisgau sein, wo mit einem Zuwachs von mehr als 20% gerechnet wird. Das liegt daran, dass hier besonders viele jüngere Frauen wohnen. In Berlin und Leipzig wird diese Zahl hingegen um etwas weniger als 20% ansteigen.
Etwas weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass in Zukunft nur noch eine geringe Zahl von Erwerbstätigen die Rente von immer mehr älteren Menschen erwirtschaften muss. Diese Entwicklung wird bis 2045 weiter zunehmen, da das BBSR mit einem Rückgang bei den Menschen im erwerbsfähigen Alter rechnet. Hier kommt es aber ebenfalls zu starken regionalen Unterschieden.
In Deutschland wird insgesamt die Zahl der Menschen zwischen 20 und 67 Jahre um etwa 2% abnehmen. In bestimmten Regionen wird der Rückgang jedoch deutlich massiver ausfallen. So wird beispielsweise für die Landkreise Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt, Greiz in Thüringen, Spree-Neiße in Brandenburg und Stendal in Sachsen-Anhalt mit einem Rückgang um 30% in dieser Altersgruppe gerechnet. Ein Zuwachs von mindestens 10% wird hingegen für die kreisfreien Städte München, Leipzig, Berlin und Potsdam erwartet.
Das sagen Experten zu der Entwicklung
Bundesbauministerin Klara Geywitz hat auf die Prognose zum Bevölkerungszuwachs in Deutschland reagiert. Sie diagnostiziert, dass die Bevölkerung hierzulande älter und vielfältiger werden wird, was unterschiedliche Regionen vor zahlreiche Herausforderungen stellt. Hierzu gehören aus ihrer Sicht unter anderem die Fachkräftesicherung, die Integration, die Digitalisierung, altersgerechtes Wohnen sowie soziale Infrastrukturen.
Außerdem erwartet sie, dass das Thema Einsamkeit im Alter noch stärker an Relevanz gewinnen wird. Sie empfiehlt daher, Wohnkonzepte voranzutreiben, die älteren Menschen gleichermaßen Gemeinschaft und die Möglichkeit zum Rückzug bieten. Ebenso stellt der Zuwachs die Großstädte und ihr Umland vor vielfältige Probleme, insbesondere was das Wohnen angeht. Hier muss aus ihrer Sicht die soziale Wohnraumförderung vorangetrieben werden. Gleichzeitig sieht sie im Anstieg der Bevölkerungszahlen in Ballungszentren eine Chance für strukturschwache Regionen. Wenn Bund, Länder und die EU gemeinsame strukturpolitische Maßnahmen ergreifen, könnten diese Regionen für unterschiedliche Altersgruppen attraktiv gemacht werden. Hierfür sei jedoch eine intensive Städtebauförderung erforderlich.
Dr Peter Jakubowski ist Leiter der Abteilung Raum- und Stadtentwicklung im BBSR und geht davon aus, dass der Bevölkerungszuwachs in Deutschland vor allem auf die Zuwanderung zurückzuführen sein wird. Es wird auch in Zukunft viele Gründe geben, aus denen sich Menschen aus der ganzen Welt auf den Weg nach Deutschland machen. Das sei auch sinnvoll, da ohne einen solchen Zuzug die Bevölkerungszahl in Deutschland bis 2045 deutlich sinken würde, da es erheblich mehr Sterbefälle als Geburten gebe.
Für ihn ist auffällig, dass sich durch diese Entwicklung für unterschiedliche Regionen teils diametral entgegengesetzte Herausforderungen stellen. Während der demografische Wandel dazu führt, dass strukturschwache Regionen immer weniger Menschen haben und eine Überalterung stattfindet, wächst die Zahl der Menschen in den Ballungszentren so stark, dass es schwierig sein wird, hier bezahlbaren Wohnraum anzubieten und die hohe Nachfrage an sozialen Dienstleistungen zu decken. Hierzu gehören aus seiner Sicht die Kinderbetreuung, Bildungsangebote, Gesundheitsversorgung und Pflege sowie einiges mehr. In den Regionen mit Bevölkerungsrückgang wird es demgegenüber schwierig werden, für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sagen und eine Daseinsvorsorge sicherzustellen. Das betrifft insbesondere die Arbeits- und Wohnungsmärkte.
Hinweis: Laut Jakubowski ist grundsätzlich genug Zeit, um diesen Herausforderungen zu begegnen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um mit ihnen umzugehen. Da das Problem frühzeitig erkannt wurde, bestünde die Möglichkeit, geeignete Instrumente zu nutzen, um sich auf das Jahr 2045 vorzubereiten.
Rechtzeitige Vorbereitungen treffen
Das BBSR betrachtet die langjährige demografische Entwicklung in Deutschland und nutzt hierfür Faktoren wie die Außen- und Binnenwanderung sowie die Geburtenraten und die Sterblichkeit. Es ist daher davon auszugehen, dass die Prognose relativ zutreffend sein wird. Umso wichtiger ist es, schon jetzt geeignete Strategien zu entwickeln und umzusetzen, um sich auf die zu erwartenden Entwicklungen vorzubereiten. Dazu gehört primär, den Wohnungsmarkt zu stabilisieren und sich um eine zuverlässige Daseinsvorsorge zu kümmern. Politik, Wirtschaft und Bevölkerung müssen hier eng zusammenarbeiten, um die gewünschten Ziele zu erreichen.
Artikelbild von Freepiks