BGH-Urteil zum Musizieren und Amtsgericht kippt Online-Mietspiegel

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Darf ein Berufsmusiker in seinem Reihenhaus trompeten was das Zeug hält? Und ist es erlaubt sich bei Mieterhöhungen auf einen Online-Mietspiegel eines Immobilienportals zu berufen? Ein aktuelles BGH-Urteil und ein Urteil des Amtsgerichtes München geben einen juristischen Wink zum Mietrecht, zum Nachbarschaftsrecht und für die Hausordnung.

Im schönen Augsburg stritten sich ein Reihenhaus besitzender Berufstrompeter und seine Nachbarn über Jahre. Zu laut sei es. Und so zog man am Ende nach Karlsruhe. Sind stundenlanges Musizieren im Ergebnis pro Tag erlaubt?

Und in einem anderen Fall, der die Amtsrichter in München beschäftigte, wollte eine Vermieterin einen kostenpflichtigen Online-Mietspiegel als Grundlage für eine Mieterhöhung nutzen. Mit Berechtigung? Beide Urteile sind wegweisend und betreffen unterschiedlichste Rechtsgebiete.

BGH-Urteil zum Musizieren

Zuerst ein Blick nach Augsburg. Dort fühlten sich die Nachbarn eines Reihenhauses vom alltäglichen „Lärm“ der Trompete eines Berufsmusikers so sehr eingeschränkt, dass sie klagten. Am Ende ging es über Jahre hinweg und der Fall beschäftigte den V Zivilsenat des BGH, für das Nachbarschaftsrecht zuständig. Worum ging es genau:

Ein Berufsmusiker, seines Zeichens Trompeter, bewohnt ein älteres Reihenhaus, leider nicht wirklich gut gegen Schall gedämmt. Neben seinen alltäglichen musikalischen Übungen gibt er zwei Tage die Woche Trompetenunterricht.

Die Nachbarn fühlten sich erheblich gestört. Sie verlangten eine Dämmung der Wände und ohnehin eine starke Reduzierung des musischen Lärms, der weder normale Gespräche, noch ein Fernsehen ermöglicht.

Das Landgericht erhob Auflagen für den Trompeter: Maximal 10 Stunden und nur im Dachgeschoß wurden dem Musiker zugesprochen in denen er üben könne, aber Unterreicht nicht mehr. Immerhin, aber nur vor schwierigen Konzerten, sollte er auch Samstag und Sonntag ausnahmsweise üben können.

BGH-Urteil betätigt dreistündiges Musizieren pro Tag

Der Berufsmusiker zog vor den BGH und die Richter in Karlsruhe urteilten für den Trompeter und die Vorinstanz muss neu verhandeln. Auch in Reihenhäusern muss Musik als Freizeitbeschäftigung möglich sein und die vorab verhängten zeitlichen und räumlichen Beschränkungen seien zu hart. Zwei bis drei Stunden innerhalb der Woche und ein bis zwei Stunden am Wochenende sind angemessen.

Interessant ist die Aussage der vorsitzenden Richterin, dass es keine Rolle spiele, ob ein Berufs- oder Hobbymusiker übe. Berufsmusikern dürfen weder mehr noch weniger Rechte zustehen.

Der Fall mit dem Aktenzeichen V ZR 143/17 verdeutlicht, dass Musik, unabhängig von Qualität, zum normalen Gebrauch einer Wohnung oder eines Hauses gehört. Und, das ist für Vermieter interessant, darf die Hausordnung nur dann Beschränkungen der Lautstärke erklären, die nicht mehr hinnehmbar sind. Der Rest ist wohl stets eine Auslegungssache der jeweiligen Gerichte.

Amtsgericht kippt Online-Mietspiegel

In diesem juristischen Fall geht es nach Obergiesing-Fasangarten, einem Ortsteil Münchens. Hier dachte sich eine findige Vermieterin, sich auf einen Online-Mietspiegel eines Immobilienportals zu berufen um eine Mieterhöhung rechtswirksam durchführen zu können.

Dieser „Online-Mietspiegel zur besseren Vergleichbarkeit der Mietpreise“ des Portals Immobilienscout24 ist eher ein Mietpreischeck. Dabei gibt man die Adresse und Daten zur Immobilie online an. Auf diesen kostenpflichtigen Service berief sich eine Vermieterin, die die Nettokaltmiete des Mieters um 178,38 Euro erhöhen wollte.

Als Begründung führte die Vermieterin an, dass der Mietspiegel in seiner Entstehung nicht nachvollziehbar sei und für München gäbe es keine Mietdatenbank. Die „städtebaulichen Verfehlungen der Landeshauptstadt“, so die Vermieterin, würden die Suche nach Vergleichswohnungen unmöglich machen und so müsse sie auf private Datenbanken zurückgreifen.

Der Mieter wehrte sich und bezeichnete das Mieterhöhungsverlangen als unwirksam. Das Amtsgericht München gab ihm recht und es erging das rechtskräftige Urteil zum Aktenzeichen 472C 23258/17. Der zuständige Richter sah die formalen Anforderungen des Begründungsschreibens in vielen Punkten als nicht erfüllt an.

Die „Vergleichsmieten“ des Immobilienportales beziehen sich auf ganz Deutschland und nicht nur auf München, so das Gericht. Darüber hinaus seien die Angebote, auf die sich der Mietpreis-Check bezieht, nur auf einseitige Vermietergrundlagen gestützt. Es handele sich bei diesem Online-Mietspiegel um reine Preisvorstellungen der Vermieter und nicht die tatsächlichen Mieten der letzten vier Jahre.

Das das Gericht am Ende der Vermieterin mögliche Begründungsmittel zur Hand gab, um eine Mieterhöhung rechtswirksam umsetzen zu können zeigt, wie wenig sich viele Privatvermieter mit dem Mietrecht auskennen. Wir meinen: lieber mal die Hausverwaltung fragen und dann die Miete erhöhen. Dann klappt es auch mit dem Nachbarn.

 

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