Bei der energetischen Sanierung eines Altbaus ist es wichtig die typischen Mängel der jeweiligen Baujahre der Immobilie zu kennen. Von alten Bleirohren über gesundheitsschädigende Baustoffe bis zu baubedingten Wärmebrücken. Eigentümer sollten die jeweiligen Mängel kennen, bevor sie sich in die Komplexität einer Sanierung wagen.
Altbauten aus den 20´er Jahren ohne Fassaden- und Dachdämmung prägen noch heute viele Städte. Kriegsbedingt nutzte man in den 50´er Jahren das, was da war und leider auch gesundheitsschädigende Stoffe. Mit dem Baustoff Beton ab den 60´er Jahren entstanden unbeabsichtigt Wärmebrücken und bis zur Jahrtausendwende dämmte man, was das Zeug hielt und Feuchtigkeitsschäden hielten Einzug.
Jedes Jahrzehnt des Bauens brachte neue Entwicklungen mit sich und eine gewisse Umkehr zum vorherigen Bauen. Doch Mängelfrei sind sie alle nicht, ob Altbau oder Alt-Neubau.
Altbauten aus der Kaiserzeit – hübsch, aber energetisch oldschool
Bis in die 20´er Jahre des letzten Jahrhunderts konnte der Gegensatz nicht groß genug sein: Von der herrschaftlichen und mit Stuck verzierten Villa bis zu Mehrfamilienhäusern mit einfachsten Grundrissen. Auf Dämmung von Fassaden, Kellern und Dachaufbauten musste verzichtet werden, weil man bautechnisch nicht soweit war und den Sinn nicht erkannte.
Meist mit Ofenheizung daherkommend wurden teils Blei- und Stahlrohe für das Frischwasser verbaut und die Doppelkassettenfenster mit Einfachverglasung waren Standard. In den Wohnungen selbst hatte meist nur die Küche einen Wasseranschluss und die Stromversorgung wurde über dem Putz verlegt.
Statisch betrachtet strotzen die Altbauten mit ihren 48´er Wänden heute noch dem Sturm. Aber bereits damals verbaute Stahlträger im Kellerbereich beginnen zu rosten, von einfließenden Druckwasser ganz zu schweigen.
Industrielle Baustoffe und fehlende Statik in den 20´er bis Ende 40´er Jahren
Ab 1920 veränderte sich nicht nur die Architektur, auch industriell gefertigte Baustoffe hielten Einzug. Mit dem sozialen Wohnungsbau wurde die Toilette vom Hausflur in die Wohnungen verlegt, doch Bleirohre waren das Nonplusultra, gesundheitsschädigend, bis heute.
In Kriegszeiten fehlte es an Baustoffen und gutem Material. Immobilienbesitzer dieser Jahrgänge sollten besonders die Statik im Blick haben und gerade den Dachstuhl inspizieren.
Nachkriegszeit mit starken Mängeln bei Immobilien
Nach dem zweiten Weltkrieg war Wohnungsraum Mangelware. „Hauptsache schnell“ war die Devise. Und genau das erkennt man noch heute an der Architektur und der Verwendung der Materialien. Immobilien bis zum Ende der 50´er Jahre strotzen nur so von Mängeln.
Zum einen wurden in der Regel Holzschutzmittel mit Formaldehyd benutzt und im Trockenbau hielt Asbest Einzug. Immobilienbesitzer dieser Jahrgänge müssen bei der energetischen Sanierung hier besonders auf ein fachgerechtes Ausbauen und Entsorgen achten und das Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen beachten.
Und weil gutes Baumaterial Mangelware war, wurde alles verbaut, was der Krieg übrigließ, von Ziegelsplittern bis zu Mischschutt. Gute Wärme- und Schalldämmungen lagen nicht im Fokus der Bauherren.
Betonbauten zwischen den 60´er Jahren bis Ende der 70´er
Mit dem Baustoff Beton und der industriellen und zügigen Fertigung am Bau selbst veränderte sich auch die Architektur. Das Flachdach war möglich und erste Fertighäuser erfreuten die Bauherren, wenngleich noch sehr fehelrbehaftet. Vor allem im Kellerbereich kam Beton flächendeckend zu Einsatz, natürlich moniert und überaus stabil.
Doch entstanden dadurch viele Wärmebrücken, mit denen sich Immobilienbesitzer bei der Balkonsanierung ebenso herumschlagen müssen, wie bei den Sanierungen im Erdgeschoß. Zwar begann man damals mit den ersten Außenwanddämmungen und auch Feuchtigkeit war ein Thema, so bei Drainagen im Keller. Aber die Komplexität zwischen Wärme und Kälte, Trockenheit und Nässe, steckte noch in den Kinderschuhen und schädliche Bau- und Dämmstoffe wurden immer noch benutzt.
Zumindest die alten Glasfenster wurden durch Thermopenverglasung abgelöst, die aber in diesen Jahrgängen ebenso Wärmebrücken produzierten und darüber hinaus mit Feuchtigkeit kämpfen mussten. Die Auswahlkriterien bei Fenstern spielt bei der energetischen Sanierung immer eine immense Rolle.
Von 1980 bis 2000 wurde viel gedämmt, zu viel
In den 80´er Jahren begann man ökologisch zu bauen und zum Ende des Jahrzehnts entstanden die ersten Niedrigenergiehäuser. In den 90´er Jahren wurden Passivhäuser zum Heilsbringer um Energie zu sparen. Und ergo wurde gedämmt, was das Zeug hielt.
Der Nachteil dieser aufkommenden Bauweise lag in der hermetischen Abdichtung der Immobilie und so konnte der Baukörper nicht mehr atmen und die grün-grau schimmernden Bauten sind auch heute noch Teil des Stadtbildes.
Wer sich aktuell mit einer energetischen Sanierung auseinandersetzt, muss die jeweiligen Schwächen der Baujahre kennen. Wie in der Medizin geht es um die Anamnese der Immobilie, der Bestandsaufnahme, die vor der Sanierung von einem Fachmann durchgeführt werden sollte.