Grundsätzlich darf der Vermieter während der Mietzeit nicht in die Wohnung. Allerdings bestehen wichtige Ausnahmen, wie es ein neues Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken zeigt. Was in dem Fall passiert war und was sie über das Zutrittsrecht des Vermieters wissen müssen, erfahren Sie hier.
Mietrecht ist ein Minenfeld. Kein Wunder – schließlich geht es um die eigenen vier Wände. Ein fortwährend angespannter Wohnungs- und Mietmarkt sorgt zusätzlich für Anspannung. Die ordentliche Gerichte in Deutschland sind täglich mit mietrechtlichen Fällen beschäftigt. Ein neues Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken hatte kürzlich die Frage zum Gegenstand, wann ein Vermieter Zutritt zur Mietwohnung haben darf. Der Grundsatz ist dabei unstreitig: Grundsätzlich hat der Vermieter kein Recht, die Wohnung während der Dauer des Mietverhältnisses zu betreten.
Die Musik spielt vielmehr bei den Ausnahmen von diesem Grundsatz. In manchen Fällen muss dem Vermieter ein solcher Anspruch nämlich zugestanden werden. Wann dies der Fall ist, wird weitgehend von der Rechtsprechung ausgestaltet, da sich keine konkreten gesetzlichen Regelungen dazu finden lassen. Was es mit dem Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken auf sich hat, wie andere Gerichte entschieden haben und vor allem was Sie als Mieter oder Vermieter über den Zutritt des Vermieters zur Wohnung wissen müssen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Vermieterin wollte Zutritt zur Wohnung
In dem Rechtsstreit, über den das Amtsgericht Saarbrücken zu entscheiden hatte, klagte eine Vermieterin im Jahr 2024 gegen ihre Mieterin. Es ging allerdings nicht wie so häufig um Mietzahlungen, Kündigungen oder Schönheitsreparaturen, sondern um den schlichten Zutritt zur Mietwohnung. Die klagende Mieterin wollte Zutritt zur Wohnung, um sich einen Überblick über den Zustand der Wohnung machen zu können. Hintergrund war, dass die Vermieterin den Sanierungsbedarf feststellen wollte, den die Mieterin allerdings nicht sah und ihr daher den Zutritt fortwährend verweigerte.
Vermieterin muss Zutritt gewährt werden
Das Amtsgericht Saarbrücken entschied in seinem Urteil vom 02.07.2024, Aktenzeichen 122 C 98/24, dass der Vermieterin gegenüber der Mieterin ein Anspruch auf Zutritt zu der Mietwohnung zusteht. Dieser Anspruch lasse sich dem Urteil nach aus § 555a BGB und § 555d BGB ableiten.
- 555a Absatz 1 BGB regelt, dass der Mieter Erhaltungsmaßnahmen – also Instandhaltung und Instandsetzung – zu dulden hat. § 555d Absatz 1 BGB statuiert zudem auch eine Duldungspflicht des Mieters von Modernisierungsmaßnahmen. Zwar ist ein Zutrittsrecht für diesen Zweck nicht direkt im Mietrecht verankert, es ist aber folgerichtig aus der Duldungspflicht abzuleiten. Grundsätzlich hat der Vermieter während der Mietzeit kein Recht darauf, die Wohnung zu betreten.
Aus der Duldungspflicht in § 555a und 555d BGB und dem Recht des Vermieters, sein Eigentum zum modernisieren bzw. zu sanieren, muss sich der Anspruch, die Wohnung betreten zu dürfen, um den Bedarf zu bemessen, ergeben. Andernfalls liefen § 555a und § 555d BGB nicht nur leer, sondern entsprechende Maßnahmen könnten faktisch durch den Mieter verhindert werden. Zudem sind Vermieter gemäß § 535 Absatz 1 Satz 2 BGB dazu verpflichtet, eine Mietwohnung während der Mietzeit in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten. Dieser Pflicht geht der Vermieter nicht nur nach, in dem er vom Mieter angezeigte Mängel unter Maßgabe des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen behebt. Vielmehr gehören auch Sanierungsmaßnahmen langfristig betrachtet dazu.
Einschätzung des Mieters unerheblich
Die beklagte Mieterin vertrat die Auffassung, dass ein Sanierungsbedarf ohnehin nicht gegeben sei und lehnte den Zutritt daher kategorisch ab. Das Gericht machte in seinem Urteil deutlich, dass die Ansicht der Mieterin zur Notwendigkeit von derartigen Maßnahmen jedoch unerheblich sei. Die Vermieterin habe das Recht, den Zustand und einen möglichen Sanierungsbedarf selbst oder durch von ihr beauftragte Experten als Erfüllungsgehilfen festzustellen.
Dies bedeutet, dass dem Vermieter grundsätzlich Zutritt zu gewähren ist, wenn dieser den Sanierungsbedarf feststellen möchte, um seiner Instandhaltungspflicht nachkommen zu können. Schließlich muss er sich selbst ein Bild davon machen dürfen, ob und in welchem Umfang Maßnahmen notwendig oder gewollt sind. Dies gilt selbst dann, wenn im Ergebnis tatsächlich kein Sanierungsbedarf besteht. Ob dies der Mieter bereits im Vorfeld sagt oder nicht, hat dem Urteil nach also keine Bedeutung. Anders wäre dies aber möglicherweise zu bewerten, wenn der Vermieter sich willkürlich Zutritt zur Wohnung verschaffen möchte und in Wahrheit unzulässige Beweggründe dafür hat.
BGH fordert konkreten und nicht nur abstrakten Anlass
Das Zutrittsrecht eines Vermieters ist nicht erst neuerdings, sondern immer wieder Gegenstand in Urteilen. Dies ergibt sich aus dem Spannungsfeld, das das Regel-Ausnahme-Prinzip in Sachen Zutritt in die Wohnung mit sich bringt. Im Grundsatz steht fest: Der Vermieter hat kein Zutrittsrecht zur Wohnung des Mieters während der Mietzeit – das ist die Regel. Dennoch muss ihm in bestimmten Fällen unbedingt und berechtigterweise Zutritt gewährt werden. Eine solche Ausnahme markiert gerade das Urteil des Amtsgerichts Saarbrückens zur Feststellung des Sanierungsbedarfs. Die Grenze zwischen Grundsatz und berechtigter Ausnahme ist häufig eine Frage des Einzelfalls und endet jedenfalls bei anlasslosem Besichtigungsverlangen.
Das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt entschied diesbezüglich im Jahr 2014 in seinem Urteil vom 27.10.2014, Aktenzeichen 6 C 1267/14, dass kein Recht auf Besichtigung bestehe, solange kein konkreter Mangel vorliege. Der dritte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verlangt in seinem Urteil vom 04.06.2014, Aktenzeichen VIII ZR 289/13 jedenfalls einen „konkreten Anlass“. Demnach habe der Vermieter kein Recht zur Wohnungsbesichtigung ohne einen solchen konkreten Anlass. Eine „routinemäßige“ Besichtigung erfüllt dieses Kriterium aber gerade nicht – die Feststellung des Sanierungsbedarf hingegen schon.
Denkbare konkrete Gründe, die dem Vermieter ebenfalls ein Recht zum Betreten der Wohnung vermittelt, sind etwa das Ablesen von Messgeräten, sofern es der Mieter nicht selbst kann, sowie die vom Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt geforderte Mängelbeseitigung. Auch bei einer zeitnah anstehenden Neuvermietung oder dem Verkauf der Wohnung könnte dem Vermieter ein Besichtigungsrecht ausnahmsweise zustehen.
Ein spezieller Fall ist der Verdacht des vertragswidrigem Gebrauch durch den Mieter. Hat der Vermieter begründeten, konkreten und nicht nur abstrakten oder anlasslosen Verdacht, dass der Mieter die Wohnung vertragswidrig gebraucht, kann dem Vermieter wiederum ein Zutrittsrecht zustehen.
Besichtigung muss angekündigt werden
Selbst wenn dem Vermieter ausnahmsweise ein Recht auf Besichtigung der Mietwohnung zusteht, hat er sich grundsätzlich an einige Regeln zu halten. Dies wird nicht zuletzt der Tatsache gerecht, dass ein Zutritt die Ausnahme und nicht die Regel ist und der Mieter im rechtmäßigen Besitz der Wohnung ist.
Dies betrifft vor allem das Erfordernis, einen Besuch anzukündigen. Abhängig vom Anlass der Besichtigung hat der Mieter diese mindestens 48 Stunden vorher anzukündigen. Allgemein hin hat sich eine Vorlaufzeit von einer Woche Ankündigungsfrist etabliert. Davon kann allenfalls aus wichtigem Grund abgewichen werden, was zum Beispiel bei drängenden Reparaturen der Fall ist. Neben der zeitlichen Komponente hat der Vermieter dem Mieter in seiner Ankündigung auch den konkreten Grund zu benennen, der ihm das Zutrittsrecht vermittelt.
Wer als Vermieter auf die Idee kommt, seinem Mieter einen unangekündigten Besuch abzustatten, kann dies zwar tun, wird aber in der Regel auf einen Einlass in die Wohnung verzichten müssen. Denn ohne Ankündigung kann der Vermieter trotz zulässigem Zutrittsgrund grundsätzlich nicht auf einen Einlass bestehen. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist schließlich durch Artikel 13 des Grundgesetzes geschützt. Zudem unterliegt das Hausrecht über und der unmittelbare Besitz der Wohnung dem Mieter. Etwas anderes gilt aber unter strengen Voraussetzungen, wenn Gefahr im Verzug ist.
Zutritt ist zeitlich begrenzt
Wann eine Besichtigung der Wohnung dann stattfindet, hängt letztlich vom Vermieter und Mieter ab. Grundsätzlich ist ein Besuch unter der Woche zwischen 10 und 18 Uhr geläufig. Davon muss in vielen Fällen aber abgewichen werden, wenn der Mieter in diesem Zeitraum aufgrund seines Berufs nie zuhause ist. Sowohl Mieter als auch Vermieter sollten bei der Terminierung einer Besichtigung proaktiv und entgegenkommend aufeinander zugehen. Der Mieter kann den durch einen berechtigten Grund getragenen Zutritt des Vermieters nicht durch die pauschale Ablehnung aller Zeiten verhindern. Zwar hat der Mieter das Recht, einen vom Vermieter vorgeschlagenen Termin abzulehnen. Jedoch ist der Mieter dann in der Pflicht, einen Ersatztermin vorzuschlagen. Kann tatsächlich kein für beide Seiten passender Zeitraum gefunden werden, muss der Mieter einen Vertreter stellen, der dem Vermieter Einlass gewährt.
Das Zutrittsrecht des Vermieters weist zudem eine weitere zeitliche Beschränkung auf. Wird der Vermieter hineingelassen, gibt ihm das selbstverständlich nicht den Anspruch darauf, uneingeschränkt in der Wohnung zu bleiben. Am besten sollte dies bereits im Vorfeld abgesprochen werden, um Unstimmigkeiten vorzubeugen. Zu beachten ist ohne Zweifel immer der Grund, warum der Vermieter sich überhaupt in der Wohnung aufhalten muss. Grundsätzlich halten Gerichte bis zu eine Stunde pro Besichtigungstag für angemessen. Dies ist vor allem wichtig, wenn der Grund sich nicht durch einen einmaligen Zutritt erledigt.
Zutritt kann gerichtlich durchgesetzt werden
Tritt nun doch der unangenehme Fall ein, dass der Mieter den Zutritt zur Wohnung verwehrt, sollte der Vermieter unbedingt von einer eigenmächtigen Durchsetzung absehen. Kann der Vermieter einen von der Rechtsprechung geforderten konkreten Grund vorweisen und hat er den Besuch mit ausreichend Vorlaufzeit angekündigt, muss ihm das Zutrittsrecht gewährt werden. Allerdings heiligt der Zweck die Mittel nicht – schon gar nicht in einem Rechtsstaat. Das eigenmächtige oder sogar gewaltsame Betreten der Wohnung stellt nicht nur zivilrechtlich eine sogenannte verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 BGB dar. Der auf diese Weise handelnde Vermieter kann sich unter Umständen sogar des Hausfriedensbruchs nach § 123 Absatz 1 StGb oder der Nötigung nach § 240 Absatz 1 StGB strafbar machen.
Der richtige Weg bei einer unzulässigen Verwehrung ist die Klage. Liegen die Voraussetzungen – insbesondere ein konkreter, zulässiger Grund vor, der dem Vermieter ein Zutrittsrecht zur Besichtigung der Wohnung gibt, kann dieser Anspruch gerichtlich mittels einer Duldungsklage durchgesetzt werden. Gerichtet ist die Duldungsklage, wie bereits ihr Name verrät, auf die Duldung des Zugangs zur Wohnung. Besteht eine zeitliche Not kann eine einstweilige Verfügung erwirkt werden.