Trotz einer großen Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum stehen in Deutschland rund 600.000 Wohnungen leer. Könnte hiergegen eine Strafsteuer helfen? In Landau wird darüber nun entscheiden. Man erhofft sich eine bundesweite Signalwirkung. Politik und Eigentümer sind hier offenbar unterschiedlicher Ansicht.
Hoher Leerstand trotz Wohnungsnot
Die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen ist immens groß, trotzdem stehen selbst im Zentrum von Städten wie Landau teilweise Wohnungen leer. Für viele Menschen ist es somit schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden, und die Städte müssen sehr viel Geld investieren, um Bauland zu erschließen und den sozialen Wohnungsbau umsetzen zu können. Einige Politiker sprechen sich deswegen für eine Strafsteuer bei Leerstand aus. Diese käme zum Tragen, wenn Wohnungen nicht aus nachvollziehbaren Gründen leer stehen, sondern aus rein spekulativen Überlegungen.
Dass dies notwendig sein könnte, zeigt der sogenannte Leerstandsmelder aus Landau. Hierbei handelt es sich um ein Online-Portal der Grünen, über das Bewohner melden konnten, wenn irgendwo eine Wohnung leer stand. Während von 200 leeren Wohnungen in der Stadt ausgegangen wurde, zeigte sich, dass es insgesamt 800 waren.
Eine Steuer gegen Spekulationsobjekte
Dass Wohnungen leer stehen, ist zunächst einmal nicht verwerflich. So kann es beispielsweise nach einem Todesfall nötig werden, verschiedene Erbfragen zu regeln, bevor eine Wohnung wieder bezogen werden kann. Ebenso ist es möglich, dass nicht genug Geld für notwendige Sanierungen oder Modernisierungen zur Verfügung steht, sodass eine Wohnung nicht vermietet werden kann. Die Daten des Leerstandsmelders wurden deswegen nicht genutzt, um jemanden an den Pranger zu stellen oder um Namen zu bekommen und zu veröffentlichen. Wenn Eigentümer um eine Löschung baten, wurde dem nachgekommen. Das Ziel war es lediglich, herauszufinden, wie viele Wohnungen in Landau tatsächlich leer stehen.
Neben den legitimen Gründen für einen Leerstand gibt es immer wieder Fälle, in denen auf eine höhere Rendite spekuliert wird. Um das zu verhindern, könnte eine Strafsteuer auf Leerstand eingeführt werden. Diese könnte beispielsweise bei 2% des aktuellen Marktwert des jeweiligen Gebäudes liegen. Hat eine Immobilie einen Wert von 500.000 €, müsste somit eine jährliche Strafsteuer von 10.000 € gezahlt werden, wenn das Gebäude aus spekulativen Gründen leersteht. Die Kontrolle könnte anhand der Wasser- und Energiedaten der jeweiligen Immobilien erfolgen.
Regionale Unterschiede berücksichtigen
Reiner Braun, Vorstandsvorsitzende des empirica-Instituts spricht sich dafür aus, regionale Unterschiede bei einer Strafsteuer zu berücksichtigen. So sei es zwar richtig, dass es bestimmte Regionen gebe, in denen eine Wohnungsnot vorherrschen würde und bezahlbarer Wohnraum kaum zu bekommen sei, bundesweit gehe die Leerstandsquote jedoch zurück. Aktuell liegt sie bei 2,8%, was etwa 607.000 Wohnungen in ganz Deutschland entspricht. Allerdings ist dies ein sogenannter „marktaktiver Leerstand“, das bedeutet, dass die Wohnungen grundsätzlich bezugsfertig sind.
Etwas realistischer scheinen hier die Daten des Zensus. Laut Statistikamt stehen in Deutschland aktuell 1,9 Millionen Wohnungen leer. Berlin und München sind hierbei am stärksten vom Wohnungsleerstand betroffen, aber auch in Kleinstädten ist dieses Phänomen oft sichtbar. Spekulanten lassen teils bewusst Immobilien langfristig leer stehen. Die Motive sind hierbei sehr unterschiedlich.
Im Osten Deutschlands liegt die Leerstandsquote bei 6,2% und ist somit fast dreimal so hoch wie im Westen. In München gibt es dafür so gut wie keine bezahlbaren Wohnungen mehr. Daran ändert sich nichts, wenn auf die leerstehenden Wohnungen in den östlichen Regionen eine Strafsteuer erhoben würde. Außerdem kommt es gerade in ländlichen Regionen aufgrund einer zu geringen Nachfrage zu Leerstand und nicht aufgrund von Spekulationen. Und auch in Städten und Ballungszentren sei es schwer, eine spekulative Absicht bei einem Leerstand juristisch sauber nachzuweisen. Es sei einfach so, dass der Wohnungsmangel nicht aus spekulativen Gründen, sondern aus einem zu geringen Angebot entspringt.
Kritik des Eigentümerverbands
Der Zentralverband Haus und Grund steht den Plänen zu einer Strafsteuer auf Leerstand ebenfalls skeptisch gegenüber. Es gebe keine verlässlichen Zahlen, aus denen sich ein spekulativer Leerstand ableiten ließe. Gerade bei Privatpersonen, die häufig nur einzelne Gebäude besitzen, sei ein Spekulationsmotiv unwahrscheinlich. Immerhin würde Leerstand bedeuten, dass Betriebskosten entstehen, ohne dass Mietzahlungen eingehen.
Der Eigentümerverband schlägt deswegen vor, sich stärker auf die Angebotsseite zu fokussieren. Aus Sicht von Kai Warnecke, dem Präsidenten des Verbandes, würde eine solche Steuer lediglich davon ablenken, dass die Kommunen ihre Hausaufgaben nicht gemacht und nicht für genügend Wohnraum gesorgt hätten. Er sieht daher die Politik in der Pflicht, das Wohnen günstiger zu machen, indem beispielsweise neue Wohnungen geschaffen und die Grundsteuer gesenkt würde.
Dem Leerstandsmelder aus Landau steht Warnecke zudem äußerst kritisch gegenüber. Er hält die Datensammlung für eine unzulässige Methode, die mit dem Grundgesetz nur schwer oder nicht vereinbar sei. Er plädiert deswegen dafür, dieses Instrument komplett abzuschaffen.
Ausblick nach 2026
Aktuell liegt die Leerstandsquote in Landau bei 2%, was bedeutet, dass sie im Bundesvergleich unterdurchschnittlich ist. Dennoch entscheidet der Stadtrat im September über eine Strafsteuer. Sollte diese kommen, wird sie nach einer Übergangsfrist Anfang 2026 in Kraft treten. Der Oberbürgermeister der Stadt erhofft sich, dass eine solche Strafsteuer eine Signalfunktion hätte und sie eventuell auch in anderen Kommunen und Städten kommen würde. Er beruft sich hierbei auf eine Aussage des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, der 2020 feststellte, dass eine solche Steuer prinzipiell möglich wäre. Er plant daher, eine Musterklage vor Gericht durchzubringen, damit eine solche Steuer möglichst überall zum Tragen kommt.