Seit Dezember 2023 haben Wohnungseigentümer einen Rechtsanspruch auf einen zertifizierten Verwalter. Die Übergangsfrist für bestehende Verwalter ist mittlerweile am 1. Juni 2024 abgelaufen. Dieser Beitrag erläutert, was ein „zertifizierter WEG-Verwalter“ genau ist, welche Qualifikationen dahinterstehen und wie Eigentümergemeinschaften davon profitieren. Zudem geben wir Einblicke in die bisherigen Erfahrungen und Auswirkungen dieser Regelung.
Was ist ein zertifizierter WEG-Verwalter?
Mit der WEG-Reform, die am 1. Dezember 2020 in Kraft trat, wurde die Rechtsfigur des „zertifizierten Verwalters“ im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verankert. Diese Neuerung zielt darauf ab, die Qualität der Verwaltung von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) zu verbessern und Eigentümern mehr Sicherheit zu bieten.
Ein zertifizierter WEG-Verwalter ist eine Person, die nachweislich über die erforderlichen fachlichen Qualifikationen für die professionelle Verwaltung von Wohnungseigentum verfügt. Nach § 26a Abs. 1 WEG darf sich als zertifizierter Verwalter bezeichnen, wer vor einer Industrie- und Handelskammer (IHK) durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt.
Die IHK-Prüfung im Detail
Die Prüfung zum zertifizierten WEG-Verwalter wird von den Industrie- und Handelskammern durchgeführt und umfasst einen schriftlichen und einen mündlichen Teil. Der schriftliche Teil dauert 90 Minuten und prüft das Wissen in den Bereichen Recht, Betriebswirtschaft und Technik ab. Der mündliche Teil dauert mindestens 15 Minuten und bezieht sich zwingend auf das Wohnungseigentumsgesetz.
Die Prüfungsverordnung (ZertVerwV) legt die genauen Inhalte und Anforderungen fest. Schwerpunkte der Prüfung sind unter anderem das Wohnungseigentumsrecht, Mietrecht, relevante steuer- und versicherungsrechtliche Grundlagen, Buchführung, Jahresabrechnung, Wirtschaftsplanerstellung, Bautechnik, Haustechnik und die Kenntnis von Verkehrssicherungspflichten.
Fachliche Qualifikationen und Anforderungen
Nicht jeder Verwalter muss die IHK-Prüfung ablegen. Bestimmte Berufsgruppen sind aufgrund ihrer Ausbildung von der Prüfungspflicht befreit und werden zertifizierten Verwaltern gleichgestellt. Dazu gehören Personen mit:
- Befähigung zum Richteramt (Volljuristen)
- Abgeschlossener Berufsausbildung zum Immobilienkaufmann/-frau oder Kaufmann/-frau in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft
- Anerkanntem Abschluss als Geprüfter Immobilienfachwirt/in
- Hochschulabschluss mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt
Für juristische Personen und Personengesellschaften gilt: Sie dürfen sich als zertifizierte Verwalter bezeichnen, wenn ihre Mitarbeiter, die unmittelbar mit Aufgaben der WEG-Verwaltung betraut sind, die Prüfung bestanden haben oder aufgrund ihrer Qualifikation gleichgestellt sind.
Zertifizierter WEG-Verwalter: Vorteile der Zertifizierung für Eigentümergemeinschaften
Die Einführung des zertifizierten Verwalters ist eine Reaktion auf die gestiegenen Anforderungen an die WEG-Verwaltung. Mit der WEG-Reform wurden die Befugnisse der Verwalter erweitert, was eine höhere Qualifikation notwendig macht. Die Zertifizierung bringt zahlreiche Vorteile für Eigentümergemeinschaften mit sich.
Qualitätssicherung und Vertrauen
Die Zertifizierung schafft einen einheitlichen Qualitätsstandard für WEG-Verwalter. Eigentümer können darauf vertrauen, dass ihr Verwalter über ein Mindestmaß an Fachkenntnissen in den relevanten Bereichen verfügt. Dies ist besonders wichtig, da Verwalter komplexe rechtliche, kaufmännische und technische Entscheidungen treffen müssen, die erhebliche finanzielle Auswirkungen haben können.
Die Zertifizierung erhöht zudem die Transparenz auf dem Markt für Immobilienverwaltung. Eigentümer können bei der Auswahl eines Verwalters leichter erkennen, welche Dienstleister die erforderlichen Qualifikationen besitzen. Das stärkt das Vertrauen in die professionelle WEG-Verwaltung insgesamt.
Rechtliche Sicherheit
Der Anspruch auf einen zertifizierten Verwalter ist Teil der ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Dadurch erhalten Eigentümer eine rechtliche Handhabe, um qualifizierte Verwaltung einzufordern. Wenn ein nicht zertifizierter Verwalter bestellt werden soll, können Eigentümer den entsprechenden Beschluss anfechten – vorausgesetzt, es greift keine der gesetzlichen Ausnahmen.
Die Zertifizierung reduziert außerdem das Risiko von Verwaltungsfehlern und rechtlichen Problemen. Durch die nachgewiesene Fachkompetenz des Verwalters können kostspielige Fehlentscheidungen vermieden werden, die sonst zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen könnten. Ein qualifizierter Verwalter kennt die rechtlichen Rahmenbedingungen und kann Eigentümer entsprechend beraten.
Entwicklung seit Juni 2024 – aktuelle Lage (Mai 2025)
Seit dem Ablauf der Übergangsfrist am 1. Juni 2024 müssen alle WEG-Verwalter, die nicht unter die Ausnahmeregelungen fallen, zertifiziert sein. Die Übergangsregelung, nach der Verwalter, die bereits am 1. Dezember 2020 tätig waren, bis zum 1. Juni 2024 als zertifiziert galten, ist ausgelaufen. Damit ist ein wichtiger Meilenstein der WEG-Reform erreicht.
In der Praxis zeigt sich, dass viele Verwaltungsunternehmen rechtzeitig für die Zertifizierung ihrer Mitarbeiter gesorgt haben. Insbesondere größere Verwaltungsfirmen haben systematisch ihre Mitarbeiter durch die IHK-Prüfung gebracht oder stellen sicher, dass zumindest die direkt mit WEG-Verwaltungsaufgaben betrauten Personen über die entsprechenden Qualifikationen verfügen.
Die anfänglichen Befürchtungen, dass es nicht genügend Prüfungskapazitäten bei den Industrie- und Handelskammern geben könnte, haben sich nicht bestätigt. Die Verschiebung des ursprünglichen Stichtags vom 1. Dezember 2022 auf den 1. Dezember 2023 hat dazu beigetragen, dass ausreichend Zeit für die Durchführung der Prüfungen zur Verfügung stand.
Die Akzeptanz der Zertifizierung in der Branche ist inzwischen hoch. Viele Verwaltungsunternehmen werben aktiv mit ihrer Zertifizierung und nutzen sie als Qualitätsmerkmal. Für Eigentümer ist die Zertifizierung zu einem wichtigen Auswahlkriterium bei der Suche nach einem geeigneten Verwalter geworden.
Wichtig zu wissen:
Die Zertifizierung befreit Verwalter nicht von der seit 2018 bestehenden Weiterbildungspflicht. Auch zertifizierte Verwalter müssen innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren 20 Stunden Fortbildung nachweisen. Dies gewährleistet, dass Verwalter auch nach der Zertifizierung fachlich auf dem aktuellen Stand bleiben.
Sollten Eigentümer auf zertifizierte WEG-Verwalter bestehen?
Für Wohnungseigentümer stellt sich die Frage, ob sie von ihrem Recht Gebrauch machen und auf einen zertifizierten Verwalter bestehen sollten. Die Antwort hängt von verschiedenen Faktoren ab, die im Folgenden beleuchtet werden.
Vor- und Nachteile abwägen
Die Zertifizierung bietet Eigentümern grundsätzlich mehr Sicherheit hinsichtlich der Qualifikation ihres Verwalters. Ein zertifizierter Verwalter hat nachweislich Kenntnisse in den relevanten Rechtsbereichen, versteht die komplexen Abrechnungsverfahren und kennt sich mit den technischen Aspekten der Gebäudeverwaltung aus. Dies kann besonders bei größeren oder komplexeren Wohnanlagen von Vorteil sein.
Gleichzeitig ist zu bedenken, dass nicht in jedem Fall ein zertifizierter Verwalter erforderlich ist. Insbesondere bei kleinen Eigentümergemeinschaften mit weniger als neun Sondereigentumsrechten, in denen ein Eigentümer die Verwaltung übernimmt, kann eine Zertifizierung unnötig sein. Hier hat der Gesetzgeber bewusst eine Ausnahme geschaffen.
Entscheidungshilfen für Eigentümergemeinschaften
Bei der Entscheidung für oder gegen einen zertifizierten Verwalter sollten Eigentümergemeinschaften folgende Aspekte berücksichtigen:
- Größe und Komplexität der Anlage: Je größer und komplexer die Wohnanlage, desto wichtiger ist eine professionelle Verwaltung mit nachgewiesener Qualifikation.
- Bisherige Erfahrungen: Wenn die Zusammenarbeit mit dem aktuellen Verwalter reibungslos verläuft und keine Probleme aufgetreten sind, kann eine fehlende Zertifizierung weniger ins Gewicht fallen.
- Rechtssicherheit: Ein zertifizierter Verwalter bietet mehr Rechtssicherheit, da er gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehört.
- Verfügbarkeit: In manchen Regionen kann das Angebot an zertifizierten Verwaltern begrenzt sein, was die Auswahl einschränkt.
Grundsätzlich ist die Bestellung eines zertifizierten Verwalters für die meisten Eigentümergemeinschaften empfehlenswert. Allerdings gibt es keinen Automatismus: Auch wenn ein Verwalter nicht zertifiziert ist, wird ein Bestellungsbeschluss nach Ablauf der Anfechtungsfrist bestandskräftig. Eigentümer haben also die letzte Entscheidungsgewalt.
Die wichtigsten Punkte im Überblick:
- Seit 1. Dezember 2023 haben Wohnungseigentümer einen Rechtsanspruch auf einen zertifizierten Verwalter
- Die Übergangsfrist für Bestandsverwalter ist am 1. Juni 2024 abgelaufen
- Die Zertifizierung erfolgt durch eine IHK-Prüfung oder durch gleichwertige Berufsqualifikationen
- Bestimmte Berufsgruppen wie Volljuristen, Immobilienkaufleute und Immobilienfachwirte sind von der Prüfungspflicht befreit
- Für kleine WEGs mit weniger als neun Einheiten gibt es Ausnahmen von der Zertifizierungspflicht
- Der Bestellungsbeschluss für einen nicht-zertifizierten Verwalter kann angefochten werden
- Die Zertifizierung hat sich als wichtiges Qualitätsmerkmal in der Branche etabliert
- Auch zertifizierte Verwalter müssen die Weiterbildungspflicht von 20 Stunden in drei Jahren erfüllen
Praxistipps: So finden Sie einen zertifizierten WEG-Verwalter
Worauf bei der Auswahl achten
Die Suche nach einem geeigneten zertifizierten WEG-Verwalter kann eine Herausforderung sein. Neben der Zertifizierung gibt es weitere wichtige Kriterien, die Eigentümergemeinschaften bei der Auswahl berücksichtigen sollten. Eine fundierte Entscheidung basiert auf mehr als nur dem Nachweis der Zertifizierung.
Achten Sie bei der Auswahl eines Verwalters auf eine angemessene Betreuungsquote. Ein Verwalter, der zu viele Einheiten betreut, kann den einzelnen Gemeinschaften möglicherweise nicht die notwendige Aufmerksamkeit widmen. Erkundigen Sie sich nach der Anzahl der betreuten Einheiten pro Verwalter und vergleichen Sie diese mit Branchenstandards. Zudem ist die Erreichbarkeit ein entscheidendes Kriterium – ein guter Verwalter sollte für Eigentümer regelmäßig ansprechbar sein und auf Anfragen zeitnah reagieren.
Checkliste für Eigentümergemeinschaften
Um die Auswahl eines passenden zertifizierten Verwalters zu erleichtern, haben wir eine Checkliste mit den wichtigsten Punkten zusammengestellt. Diese Checkliste kann als Leitfaden für Eigentümergemeinschaften dienen, die auf der Suche nach einem neuen Verwalter sind oder ihren bestehenden Verwalter evaluieren möchten.
- Zertifizierungsnachweis: Lassen Sie sich den Nachweis der Zertifizierung oder der gleichgestellten Qualifikation vorlegen. Bei Verwaltungsunternehmen klären Sie, ob die mit Ihrer WEG befassten Mitarbeiter zertifiziert sind.
- Referenzen: Bitten Sie um Referenzen von anderen betreuten Eigentümergemeinschaften und kontaktieren Sie diese, um Erfahrungsberichte einzuholen.
- Erfahrung: Informieren Sie sich über die Berufserfahrung des Verwalters und seine Kenntnisse bezüglich vergleichbarer Objekte.
- Vertragsbedingungen: Prüfen Sie die angebotenen Vertragsbedingungen sorgfältig (Laufzeit, Kündigungsfristen, Leistungsumfang, Vergütung).
- Digitalisierungsgrad: Erkundigen Sie sich nach digitalen Angeboten wie Online-Portalen für Eigentümer oder elektronischen Abrechnungen.
- Berufshaftpflichtversicherung: Vergewissern Sie sich, dass der Verwalter eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung besitzt.
- Weiterbildungsnachweis: Fragen Sie nach dem Nachweis der gesetzlich vorgeschriebenen Weiterbildung.
- Transparenz: Achten Sie auf transparente Kommunikation und klare Kostenstrukturen ohne versteckte Gebühren.
Mehr Professionalität in der WEG-Verwaltung
Die Einführung des zertifizierten WEG-Verwalters markiert einen wichtigen Schritt zur Professionalisierung der Wohnungseigentumsverwaltung in Deutschland. Mit dem Ablauf der Übergangsfrist im Juni 2024 ist diese Reform nun vollständig umgesetzt. Wohnungseigentümer haben dadurch mehr Sicherheit bezüglich der Qualifikation ihrer Verwalter erhalten.
Die Zertifizierungspflicht trägt den gestiegenen Anforderungen an die WEG-Verwaltung Rechnung. Moderne Gebäudetechnik, komplexe rechtliche Rahmenbedingungen und die Herausforderungen der Energiewende erfordern fundiertes Fachwissen. Der zertifizierte Verwalter stellt sicher, dass dieses Wissen vorhanden ist und regelmäßig aktualisiert wird.
Für Eigentümer bedeutet die Zertifizierungspflicht vor allem einen besseren Verbraucherschutz. Sie können darauf vertrauen, dass ihr Verwalter über die notwendigen Kenntnisse verfügt, um ihr Eigentum professionell zu verwalten. Dies ist besonders wichtig angesichts der erheblichen finanziellen Interessen, die mit Wohnungseigentum verbunden sind.
Die bisherigen Erfahrungen seit Juni 2024 zeigen, dass die Zertifizierung von der Branche gut angenommen wurde und sich als Qualitätsmerkmal etabliert hat. Viele Verwaltungsunternehmen haben die Gelegenheit genutzt, ihre Mitarbeiter weiterzubilden und sich am Markt als qualifizierte Dienstleister zu positionieren.
Wohnungseigentümer sollten ihren Anspruch auf einen zertifizierten Verwalter kennen und bei Bedarf einfordern. Dies trägt dazu bei, dass die mit der WEG-Reform angestrebte Qualitätssteigerung in der Praxis ankommt und der Schutz der Eigentümerinteressen gestärkt wird.
Die WEG-Verwaltung ist ein Mietvertrag zwischen der Eigentümergemeinschaft und dem Verwalter, der durch die Zertifizierungspflicht nun auf eine solidere fachliche Basis gestellt wurde. Dies kommt letztlich allen Beteiligten zugute und trägt zu einem reibungsloseren Miteinander in Wohnungseigentümergemeinschaften bei.