Die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland sinkt immer weiter. Neben vielen anderen Gründen ist hierfür eine unzureichende Förderung verantwortlich. Es war daher noch nie so dringend, dass die Politik in den Wohnungsbau investiert und hierbei einen Fokus auf Sozialwohnungen legt. Es genügt nicht mehr, nur die Symptome zu bekämpfen, sondern die bestehende Krise muss mit einem Sondervermögen angegangen werden.
Sozialwohnungen haben in Deutschland eine lange Tradition und sind grundsätzlich ein Erfolgsmodell. Allerdings geht ihre Zahl seit Jahren immer weiter zurück. Ein Großteil der bestehenden Immobilienkrise lässt sich auf den Wegfall vieler Sozialbauwohnungen zurückführen. In 2024 wird es erstmalig weniger als eine Million solcher Wohnungen geben.
Um diesen Trend aufzuhalten oder sogar umzukehren, sind hervorragende Förderbedingungen und Investitionen in den Wohnungsbau notwendig. Wie es um die Sozialwohnungen in Deutschland bestellt ist und wie man ihren Stand verbessern könnte, erklärt dieser Artikel.
Immer weniger Sozialwohnungen in Deutschland
Einer aktuellen Studie von Colliers zufolge werden in 2024 von den 43 Millionen Wohnungen in Deutschland nur noch 981.100 Sozialwohnungen sein. Das ist ein dramatischer Rückgang seit der Wiedervereinigung. 1990 gab es noch 2,9 Millionen solcher Wohnungen. Der Rückgang ist darauf zurückzuführen, dass die Sozialbindung, die lange Jahre Bestand hatte, nun wegfällt. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) geht davon aus, dass die Zahl der Sozialwohnungen bis 2035 auf 554.100 zurückgehen wird.
Unter Sozialwohnungen versteht man hierbei Wohnungen, für die die Bauherren staatliche Zuschüsse erhalten oder weniger für ein Darlehen bezahlen müssen. Dafür erklären sie sich bereit eine gedeckelte Miete zu akzeptieren. Allerdings werden Sozialwohnungen nur für eine bestimmte Dauer gebunden und dürfen dann frei am Wohnungsmarkt vermietet werden. Solche Wohnungen stehen während der Sozialbindung Menschen zur Verfügung, bei denen der Staat einen besonderen Bedarf für eine Unterstützung sieht.
Sozialwohnungen sind auf Förderungen angewiesen
Der Studienleiter von Colliers gibt an, dass Sozialwohnungen als Werkzeug der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland über Jahrzehnte hinweg hervorragende Arbeit geleistet hätten. Allerdings gebe es momentan keine gute Ausgangssituation, um das Konzept zu erhalten oder wieder auszubauen. Das Problem sei, dass die Förderbedingungen aktuell zu schlecht wären. Der soziale Wohnungsbau würde immer dort gut funktionieren, wo es zuverlässige Förderungen gäbe und wo man mit entsprechenden Wohnungen Renditen erwirtschaften könne.
Dabei würden Sozialwohnungen aktuell dringend gebraucht. Das gilt insbesondere für die sogenannten „Top 7“ in Deutschland. Das sind die Städte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Hier mussten 2023 für Sozialwohnungen durchschnittlich 8,14 € pro Quadratmeter bezahlt werden und für Wohnungen am freien Wohnungsmarkt 14,90 € pro Quadratmeter. Das entspricht eine Differenz von 45%. 2013 kostete eine Sozialwohnung im Schnitt 6,26 € pro Quadratmeter und Wohnungen am freien Markt 9,55 € pro Quadratmeter. Der Unterschied betrug somit nur 34%. Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass 2023 deutschlandweit nur noch 20.000 freie Sozialwohnungen angeboten wurden. 40% davon befanden sich in NRW und 13% in Berlin.
Der Bau von Sozialwohnungen in Deutschland
In Hamburg befinden sich rund 81 000 Sozialwohnungen, was 8% des gesamten Wohnungsbestands ausmacht. In Berlin und Nordrhein-Westfalen sind es immerhin noch jeweils 5% und in Hessen und Schleswig-Holstein jeweils 3%.
Hinweis: Die aktuelle Situation ist auf politische Fehlentscheidungen zurückzuführen. Neubauprojekte stellen für Bauherren immer ein wirtschaftliches Risiko dar. Wenn dieses nicht minimiert wird, indem staatliche Förderprogramme aufgesetzt und die möglichen Gewinne hochgehalten werden, gehen immer weniger Menschen dieses Risiko ein.
Laut Colliers entstanden 2022 durch Neubau lediglich 22.755 neue Sozialwohnungen, während 23.200 dem Gesamtbestand verloren gingen. Dieser Verlust ist darauf zurückzuführen, dass für 46.000 Wohnungen die Sozialbindung wegfiel. Besonders groß ist der Anteil an neu gebauten sozialen Wohnungen in Bayern. Hier wurden 4.056 neue Wohnungen geschaffen. In Baden-Württemberg waren es 3.898 Einheiten und in Nordrhein-Westfalen 3.631. Auf den darauffolgenden Plätzen landen Niedersachsen mit 2.121 und Berlin mit 1.935 Sozialwohnungen. Hamburg ist mit 1.884 Wohnungen etwas abgeschlagen, im Verhältnis zum Gesamtbestand ist das aber immer noch eine gute Zahl.
Die Länder müssen aktiver werden
Die 100.000 neuen Sozialwohnungen, die sich die Ampelregierung für 2022 vorgenommen hatte, sind längst nicht erreicht worden. Es wurden lediglich 22.545 neue Sozialwohnungen errichtet, wären 36.500 aus der Preisbindung hinausfielen. Hierbei ist aber zu beachten, dass der Bund lediglich Geld bereitstellt, während die Länder für den eigentlichen Bau der Wohnungen verantwortlich sind.
Da die Bauprojekte ins Stocken gekommen sind, sinkt die Zahl immer weiter. Vor der Wiedervereinigung gab es noch 4 Millionen von ihnen, 2010 nur noch 1,6 Millionen und 2020 nur noch 1,1 Millionen. Entsprechend verlanft unter anderem die Linken-Abgeordnete Lay, dass intensiv in den sozialen Wohnungsbau investiert werden müsse. Sie fordert ein Sondervermögen für bezahlbares Wohnen in Höhe von mindestens 20 Milliarden Euro pro Jahr und die Entwicklung eines sinnvollen Wohnungsbauprogramms. Das ist eine vergleichsweise moderate Forderung, da die IG BAU angibt, dass für den Bau von Sozialwohnungen sogar ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro benötigt würde.
Fazit: Geförderter Wohnungsbau in Deutschland ist kein Selbstläufer
Lange Zeit hat die Politik offenbar geglaubt, dass sich das Problem mit den Sozialwohnungen schon irgendwie von selbst regeln würde. Es hat sich gezeigt, dass diese Hoffnung trügt. Wer diesen Wohnraum in Deutschland erhalten und ausbauen möchte, muss aktiv werden und Investitionen tätigen. Nur wenn es attraktive Förderprogramme gibt und die Wahrscheinlichkeit groß ist, mit diesen Wohnungen zuverlässig Geld zu verdienen, werden Investoren das mit diesen Wohnungen verbundene Risiko eingehen. Es ist daher dringend erforderlich, dass der Gesetzgeber die notwendigen Rahmenbedingungen schafft, um den sozialen Wohnungsbau in Deutschland wieder attraktiv zu machen.
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