Berlin verliert Sozialwohnungen

Ohne weitere Sozialwohnungen in Berlin wird der Druck auf dem Kessel größer

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Berlin verliert Sozialwohnungen. Derzeit gibt es etwa 89.000 Stück in der Bundeshauptstadt, von denen viele aber in den nächsten Monaten und Jahren aus der Sozialbindung fallen. Schon jetzt zeigt sich, was das für die Mieter bedeutet: Mieterhöhungen und Verdrängung. Es müssten dringend neue gebaut werden. Ein Vorschlag der Linkspartei empfiehlt eine neue Art von Förderung, damit die Sozialwohnungen dem Berliner Wohnungsmarkt dauerhaft erhalten bleiben.

Sozialbauwohnungen sind wichtig, damit sich auch Menschen mit geringem Einkommen eine Wohnung leisten können. In der Bundeshauptstadt geht die Zahl solcher Wohnungen aber aktuell zurück. Berlin verliert diesen geförderten Wohnraum, weil Sozialbindungen auslaufen und zu wenig neue Wohnungen gebaut werden. Daher müssen sich Mieter auf deutliche Mieterhöhungen und Verdrängungen einstellen. Der Mietermarkt in Berlin ist dabei bundesweit nicht einzigartig. Aber aufgrund der schieren Größe und erneuten Zuwanderungen überaus fragil.

Ein Vorschlag der Linksfraktion und das Engagement der Mieter sollen das aber (zumindest für die Zukunft) verhindern. Dieser Vorschlag dürfte aber in seiner Form nicht zum Tragen kommen, sofern die CDU den kommenden Bürgermeister stellt. Einige Zahlen zum Wohnen in der Hauptstadt bestätigen das Dilemma.

Förderprogramme für Sozialwohnungen in Berlin laufen aus

Berlin verliert dringend benötigten geförderten Wohnraum, weil die Sozialbindung bei vielen Immobilien bald ausläuft. Solche Wohnungen sind mietpreis- und belegungsgebunden und können ausschließlich mit einem sogenannten WBS (Wohnberechtigungsschein) bezogen werden.

In ganz Berlin gibt es rund 89.000 dieser Wohnungen, allerdings läuft bei 7257 von ihnen in diesem Jahr die Sozialbindung aus. Das bedeutet, dass sie dann dem normalen Wohnungsmarkt zugerechnet werden. Die Vorteile, die Mieter 20-30 Jahre bei solchen Wohnungen genossen haben, bestehen dann nicht mehr.

Niklas Schenker von der Linksfraktion wollte genau wissen, woher die 7257 Wohnungen kommen und erfuhr durch seine Anfragen, dass 5343 aus dem geförderten sozialen Wohnungsbau stammen und 1914 aus den Sanierungsprogrammen aus den 90er und 2000er Jahren. Zu dieser Zeit gab es das Programm „Soziale Stadterneuerung“. Es stellte Fördergelder für Renovierungen und Sanierungen bereit, wenn sich die Eigentümer und Investoren verpflichteten, einen Teil der Wohnungen zu sozialverträglichen Mieten anzubieten.

Berlin verliert geförderten Wohnraum – Mieterhöhungen und Verdrängungen sind die Folge

Die Auswirkungen einer auslaufenden Sozialbindung werden meist recht schnell spürbar. So endete die Sozialbindung in einer Wohnung in Berlin Prenzlauer Berg beispielsweise am 31. Januar 2023 und bereits am 1. Februar stieg die Miete für eine Einzimmerwohnung von 350 € auf 500 € warm. Hinzu kommen noch die Betriebskosten. Außerdem können Mieter nun keine Mietminderungen mehr bekommen, wenn sie im Jahr weniger als 12.000 € verdienen.

Hinweis: Schon vor dem Wegfall der Sozialbindung hatten Vermieter die Möglichkeit, Mieterhöhungen vorzunehmen. Das konnte beispielsweise durch Staffelmieten oder Indexmieten geschehen. Voraussetzung war allerdings, dass der Mietspiegel nicht überschritten wurde.

Des Weiteren finden immer häufiger Verdrängungen von Mietern statt. Dies muss nicht einmal auf das Auslaufen einer Sozialbindung zurückzuführen sein, sondern auch durch Sanierungen können Mieten massiv ansteigen. Das gilt insbesondere, weil Sperrfristen für den Weiterverkauf von Wohnungen in Milieuschutzgebieten nicht gelten, wenn bei einer Sanierung die einzelnen Wohnungen bereits in Eigentumswohnungen aufgeteilt sind.

Es werden zu wenig geförderter Wohnraum gebaut

Berlin verliert den geförderten Wohnraum nicht nur wegen der auslaufenden Sozialbindung, sondern auch, weil nicht genügend neue Wohnungen gebaut werden. Allein in Pankow läuft 2023 die Sozialbindung in 800 Wohnungen aus und in 2024 sind es noch einmal 400. Insgesamt verliert Berlin rund 20.000 dieser Wohnungen in den nächsten fünf Jahren. Allein um diesen Verlust auszugleichen, müssten 5.000 neue Wohnungen pro Jahr entstehen. Und dann wäre bloß der aktuelle Status Quo gesichert und noch keine Verbesserung der angespannten Lage am Wohnungsmarkt erreicht.

Die Bezirksstadträtin für Bezirksentwicklung der SPD, Rona Tietje, fordert deswegen ein Mietmoratorium und eine stärkere Beschränkung für die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen. Zudem wäre es ihrer Meinung nach erforderlich, Berlin und die Bezirke nicht allein zu lassen, sondern durch bundespolitische Maßnahmen zu unterstützen. Nur dann wäre es möglich, dass Berlin sein Ziel – den Bau von 5.000 neuen Sozialbauwohnungen pro Jahr –, das Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) ausgegeben hat, erreicht.

Bisher verfehlt die Hauptstadt dieses Ziel nämlich immer deutlich. In 2021 wurden beispielsweise gerade einmal 1752 Sozialbauwohnungen fertiggestellt und in 2022 waren bis zum dritten Quartal lediglich 1148 neue entstanden. Das Problem: Auch diese unterliegen dem bisherigen Förderprinzip. Das bedeutet, dass Eigentümer Förderungen in Millionenhöhe erhalten und die Wohnungen in 30 Jahren wieder aus der Sozialbindung herausfallen.

Hinzu kommen die stark gestiegenen Baupreise. Planungen, die bereits vor zwei Jahren entstanden, sprengen heute den finanziellen Rahmen. Teils stiegen die Preise für einige Baumaterialien um mehr als 100 Prozent. Na und der Fachkräftemangel hält nicht nur Berlin weiterhin im Würgegriff.

Vorschlag, um geförderten Wohnungsbau dauerhaft zu erhalten

Berlin verliert sozial geförderten Wohnraum auf absehbare Zeit, wenn das bisherige Fördermodell beibehalten wird. Deswegen hat die Linksfraktion einen Vorschlag gemacht, wie diesem Problem begegnet werden könnte. Sie empfiehlt, ausschließlich landeseigene Bauunternehmen mit dem Bau von gefördertem Wohnraum zu betrauen. Das Geld würde dann nicht an private Investoren gehen, sondern an die Wohnungsbauunternehmen in Berlin. Diese würden dann nicht für einen befristeten Zeitraum, sondern dauerhaft günstigen Wohnraum schaffen.

Außerdem fordert der Spitzenkandidat der Linken in Berlin, Klaus Lederer, das Budget für Wohnraumförderung auf eine Milliarde Euro zu erhöhen, um zuverlässig 7.500 neue Sozialbauwohnungen entstehen zu lassen. Aktuell ist geplant, das Budget von 242 Millionen Euro auf 487 Millionen Euro zu erhöhen.

Dass mit einer Verdoppelung der Investitionen auch eine Verdoppelung der Sozialwohnungen einhergeht, ist aber unwahrscheinlich. Und ob es RGR nach der erneuten Wahl überhaupt noch als Regierung gibt, ist fraglich. Dass die CDU sich dieses Thema annimmt, leider ebenso. Dabei würde es tatsächlich Dampf vom Kessel des Mietwohnungsmarktes nehmen.

Fazit

Berlin verliert sozial gebundenen Wohnraum und das hat erhebliche finanzielle Folgen für viele Mieter. Entsprechend schließen sich viele von ihnen zusammen, um gegen ihre Verdrängung aus bestimmten Milieus und Bezirken zu protestieren. Das Ziel ist es, eine breite Front zahlreicher Hausgemeinschaften zu erreichen, um gemeinsam an einem lebenswerten und bezahlbaren Berliner Wohnraum zu arbeiten. Alles Engagement ist aber nur dann zielführend, wenn sich auch die Politik bewegt. Sie ist schließlich für die Stadtentwicklung und bezahlbaren Wohnraum verantwortlich und muss verhindern, dass Berlin geförderten Wohnraum verliert.

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