Die Neutralitätspflicht des WEG-Verwalters gegenüber den Eigentümern ist wohl die essenziellste Verhaltensweise. Leider kommt es immer wieder dazu, dass die Verwalter dieser Pflicht nicht nachkommen und befangen sind. In diesem Fall haben Eigentümer verschiedene Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen. Sie können den Verwalter durch Mehrheitsbeschluss abberufen, ohne dass dieser die getroffenen Beschlüsse anfechten kann. Hierfür kann es nötig sein, verschiedene Anträge zu stellen oder sogar eine gerichtliche Abberufung zu organisieren.
Wenn ein WEG-Verwalter parteiisch ist, wird er seiner Pflicht zur Neutralität nicht gerecht. Hierunter leiden die Eigentümer, die ungerecht behandelt werden. Dieser Artikel stellt verschiedene Möglichkeiten vor, wie sich Betroffene zur Wehr setzen können. Sie können eine außerordentliche Eigentümerversammlung beantragen oder die Abberufung des Verwalters als einen Tagesordnungspunkt bei einer turnusmäßigen Eigentümerversammlung beantragen. Worauf hierbei zu achten ist, erläutert dieser Ratgeber.
Neutralitätspflicht: Unterschiede bei Abberufung und Vertragskündigung des WEG-Verwalters
Wenn Eigentümer den Eindruck haben, dass ein WEG-Verwalter seiner Neutralitätspflicht nicht nachkommt, sollten sie zunächst das Gespräch mit ihm suchen. Das kann sowohl persönlich als auch schriftlich erfolgen. Allerdings ist es häufig so, dass solche Gespräche nur kurzfristig Besserung bringen oder zu gar keinen Ergebnissen führen. In einem solchen Fall ist es dann nötig, die Abberufung des Verwalters in Betracht zu ziehen oder die Kündigung des Verwaltervertrags vorzunehmen.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eine Abberufung und eine Kündigung zwei eigenständige Rechtsakte sind. Somit ist es möglich, den Verwalter abzuberufen, während der Verwaltervertrag noch weiterläuft, auch nicht, wenn die Neutralitätspflicht verletzt wurde. Es ist somit nicht zwingend erforderlich, dass die Abberufung und die Kündigung zeitgleich erfolgen. Laut § 26 Abs. 3 Satz 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist es aber jederzeit und ohne die Nennung von Gründen durch einen Mehrheitsbeschluss möglich, einen Verwalter abzuberufen. Diese Regelung ist durch die WEG-Reform vom 01.12.2020 in Kraft getreten.
Der richtige Umgang mit dem Verwaltervertrag
Wenn ein Verwalter abberufen wurde, stellt sich die Frage, wie mit dem Verwaltervertrag zu verfahren ist. Ausschlaggebend hierfür ist, welche Vereinbarungen im Vertrag getroffen wurden. Einige Verträge verlangen einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung, andere nicht. Laut § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG endet ein Verwaltervertrag jedoch spätestens 6 Monate nach der Abberufung. Hierfür sind weder ein Beschluss noch eine Kündigung erforderlich.
Eine Möglichkeit besteht darin, dass der Verwaltervertrag an die Bestellung gekoppelt ist. Das bedeutet, dass der Vertrag automatisch endet, wenn ein Verwalter abberufen wird. In diesem Fall ist es nicht erforderlich, einen eigenen Beschluss für die Kündigung des Verwaltervertrags zu erreichen. Hierfür ist es aber erforderlich, die Koppelung von Verwaltervertrag und Bestellung ausdrücklich im Verwaltervertrag zu nennen.
Doch bei allen Vorsichtsmaßnahmen und aller freundluchen Kommunikation. Wie kann man die Zusammenerbeit mit dem WEG-Verwalter rechtssicher kündigen, gerade in Bezug zur Neutralitätspflich? Einige Gerichtsurteile helfen die juristische Gemengelage zu verstehen.
Ist eine fristlose Kündigung bei Verletzung der Neutralitätspflicht möglich?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 20.06.2002 das Urteil mit dem Aktenzeichen V ZB 39/01 gesprochen. Dieses besagt, dass ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung des Verwaltervertrags dann besteht, wenn den Wohnungseigentümern eine Zusammenarbeit nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten ist. Hierfür ist es erforderlich, sämtliche Aspekte zu berücksichtigen, die nicht zwingend vom Verwalter verursacht sein müssen. Sobald das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört ist, liegt ein solcher Grund vor. In einem solchen Fall ist es möglich, dass die Eigentümer mehrheitlich beschließen, den Verwaltervertrag fristlos zu kündigen.
Hält sich ein Verwalter nicht an seine Neutralitätspflicht, stellt dies in der Regel einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung des Verwaltervertrags dar. Bei der Beurteilung, ob ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht vorliegt, können ältere Urteile herangezogen werden. Beispielsweise hat das Landgericht Hamburg am 16.11.2019 mit dem Aktenzeichen 318 S 48/18 geurteilt, dass ein solcher Grund vorliegt, wenn sich ein Verwalter auf die Seite von Teilen der Wohnungseigentümer stellt, mit bestimmten Eigentümern zerstritten ist oder die Kommunikation mit bestimmten Eigentümern verweigert. Zudem sieht das Landgericht Düsseldorf bei seinem Urteil vom 18.10.2013 mit dem Aktenzeichen 25 S 7/13 einen wichtigen Grund vorliegen, wenn der Verwalter in Streitfragen Partei ergreift.
Hinweis: Es ist nicht zwingend erforderlich, vor der fristlosen Kündigung eine Abmahnung auszusprechen.
Ebenso darf ein Verwalter nicht den Anweisungen des Mehrheitseigentümers folgen, wenn er hierdurch gegen die ordnungsgemäße Verwaltung verstößt. Außerdem ist es einem Verwalter untersagt, Rechtsstreitigkeiten zu provozieren und den Eindruck zu vermitteln, er würde seine Stellung ausnutzen, um bestimmte Interessen durchzusetzen und die Ziele einzelner Eigentümer zu erreichen.
Ebenfalls wurde es als wichtiger Grund für eine Vertragskündigung anerkannt, wenn ein Verwalter Eigentümer diffamiert. So urteilten das Amtsgericht Offenbach am 5.11.2014 mit dem Aktenzeichen 310 C 165/13 und das Landgericht Lüneburg am 25.10.2011 mit dem Aktenzeichen 5 S 36/11. Laut dem Amtsgericht Hamburg-Blankensee und seinem Urteil vom 30.04.2018 mit dem Aktenzeichen 539 C 2/08 genügt bereits die Befürchtung, dass ein Verwalter die Interessen eines Eigentümers zu Lasten anderer Eigentümer vertritt, um eine fristlose Kündigung vorzunehmen.
Was ist bei einer fristgemäßen Kündigung zu berücksichtigen?
Es ist äußerst selten, dass ein Verwaltervertrag jederzeit und ohne einen wichtigen Grund fristlos gekündigt werden kann. Stattdessen ist es in der Praxis meist so, dass Verwalterverträge eine bestimmte Kündigungsfrist enthalten, die bei einer Kündigung eingehalten werden muss. Wird eine Kündigung angestrebt, ist zu prüfen, wie lange die Kündigungsfrist besteht. Denn ein Verwaltervertrag endet automatisch sechs Monate nach der Abberufung des Verwalters. Ist die Kündigungsfrist genauso lang oder länger, genügt die Abberufung.
Immer häufiger nutzen Eigentümer eine Abberufungsfrist. Die Abberufung wird somit nicht sofort wirksam, sondern erfolgt so, dass sie mit dem Ende der Amtszeit beziehungsweise dem Auslaufen des Verwaltervertrags zusammenfällt. Das gilt auch dann, wenn eine Kündigung des Verwaltervertrags vor Ablauf der sechs Monate möglich ist. Hierdurch reduziert sich der Verwaltungsaufwand bei der Abberufung und der Vertragskündigung.
Hinweis: Wird eine Abberufung oder eine Vertragskündigung mittels Mehrheitsbeschluss beschlossen, kann ein WEG-Verwalter diesen nicht anfechten. Durch § 44 Abs. 1 WEG der WEG-Reform dürfen nur noch Wohnungseigentümer einen Beschluss anfechten.
Maßnahmen gegen einen befangenen WEG-Verwalter
Eigentümer können verschiedene Strategien nutzen, um sich gegen einen befangenen WEG-Verwalter zur Wehr zu setzen. So bietet es sich beispielsweise an, vor einer turnusmäßigen oder außerordentlichen Eigentümerversammlung den Antrag zu stellen, die Abberufung des Verwalters als Tagesordnungspunkt in die Einladung zur Versammlung aufzunehmen. Hierbei kommt es darauf an, dass der Antrag rechtzeitig gestellt wird und eine sachliche Begründung enthält. Der WEG-Verwalter muss mindestens drei Wochen Zeit haben, um den Antrag noch in die Einladung aufzunehmen. Eine Ausnahme bildet ein Fall von besonderer Dringlichkeit, wie er in § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG aufgeführt ist.
Eine weitere Option besteht darin, eine außerordentliche Eigentümerversammlung zu beantragen, um dort die Abberufung oder Kündigung vorzunehmen. Hierfür ist es erforderlich, dass mindestens 25% der Eigentümer einen entsprechenden Antrag stellen und darin die Notwendigkeit einer außerordentlichen Eigentümerversammlung begründen. Hierbei werden die tatsächlichen Personen gezählt und nicht die Eigentumsanteile. Der Antrag muss in Schriftform erfolgen, sodass in der Praxis häufig eine E-Mail genutzt wird.
Besonderheiten bei den Anträgen von Wohnungseigentümern
Es kann passieren, dass ein WEG-Verwalter seinen Pflichten bei der Aufnahme von Tagesordnungspunkten in die Einladung für eine Eigentümerversammlung oder die Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung rechtswidrig nicht nachkommt. Gerade wenn ihm Befangenheit vorgeworfen wird, droht diese Gefahr. In einem solchen Fall haben Eigentümer die Möglichkeit, sich an den Verwaltungsbeirat zu wenden. Dieser kann solche Aufgaben übernehmen, wenn der WEG-Verwalter die Regeln für die ordnungsgemäße Verwaltung nicht einhält.
Gibt es keinen Beirat oder kommt dieser seinen Verpflichtungen ebenfalls nicht nach, können Eigentümer eine Beschlussersetzungsklage einreichen (s.u.). Hierfür muss allerdings ein Rechtsschutzbedürfnis vorliegen. Gerade bei der Aufnahme von Tagesordnungspunkten in eine Einladung zu einer Eigentümerversammlung ist der gerichtliche Weg aber oft wenig zielführend. Denn es ist wenig wahrscheinlich, dass die dreiwöchige Ladungsfrist eingehalten werden kann, die gegeben sein muss, damit WEG-Verwalter die Tagesordnungspunkte noch aufnehmen können.
Das Umlaufverfahren ist nicht zu empfehlen
Grundsätzlich ist es nicht nötig, für die Abberufung eines WEG-Verwalters eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Stattdessen kann das schriftliche Umlaufverfahren genutzt werden. Das ist aber in der Regel nicht zielführend, da beim Umlaufverfahren sämtliche Eigentümer einem Antrag zustimmen müssen, was als Allstimmigkeit bezeichnet wird. Ein einfacher Mehrheitsbeschluss reicht hier nicht aus. Die Eigentümer, die von der Befangenheit des WEG-Verwalters profitieren, werden ohnehin kaum gegen ihn votieren.
Den WEG-Verwalter gerichtlich abberufen lassen
Gelegentlich passiert es, dass keine Eigentümerversammlung zur Abberufung eines Verwalters zustande kommt. In einer solchen Situation haben Eigentümer die Möglichkeit, auf § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG zurückzugreifen. Dieser Paragraph ermöglicht es ihnen, eine Beschlussersetzungsklage zu stellen, um den WEG-Verwalter abberufen zu lassen. Eine solche Klage hat aber nur dann Hoffnung auf Erfolg, wenn ein konkretes Rechtsschutzbedürfnis der klagenden Eigentümer besteht. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Umlaufverfahren gescheitert ist oder andere Eigentümer gezielt nicht mit dem klagenden Eigentümer kommunizieren wollen.
Fehlende Neutralität ist ein wichtiger Grund, der eine fristlose Kündigung eines Verwalters rechtfertigt. Deswegen wird ein Gericht dem Kläger in einem solchen Fall Recht geben. Ferner ist es möglich, eine einstweilige Verfügung zu erwirken, um den WEG-Verwalter vorzeitig abberufen oder ihm kündigen zu können. Oft genügt die Befangenheit eines Verwalters aber nicht, um eine Eilbedürftigkeit der Kläger zu rechtfertigen.
Fazit zur Verletzung der Neutralitätspflicht des Verwalters
WEG-Verwalter sind grundsätzlich zur Neutralitätspflicht verpflichtet. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, stehen Eigentümern verschiedene Möglichkeiten offen, um sich zu wehren. Sie können einen Antrag auf Abberufung der Verwalters oder Kündigung des Verwaltervertrags stellen. Gerade wenn das Vertrauensverhältnis so stark zerrüttet ist, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht in Frage kommt, bietet sich dieser Weg an. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass für eine fristlose Kündigung ein wichtiger Grund vorliegen muss.
Wird einem Verwalter Befangenheit vorgeworfen, sind verschiedene Schritte zu gehen. Zunächst sollte ein klärendes Gespräch mit dem Verwalter gesucht werden. Anschließend muss ein Antrag auf Abberufung des Verwalters oder auf Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung gestellt werden. Nimmt der Verwalter einen entsprechenden Tagesordnungspunkt nicht auf oder initiiert keine Versammlung, kann der Verwaltungsbeirat einberufen werden. Existiert dieser nicht oder kommt seiner Arbeit nicht nach, kann die Abberufung auf rechtlichem Wege durchgesetzt werden. Hierfür ist es aber erforderlich, dass ein konkretes Rechtsschutzbedürfnis der Kläger vorliegt.