Immobilienpreise und Mieten sind miteinander verknüpft. Deswegen führen die sinkenden Preise und die höheren Kreditzinsen vielerorts schon jetzt zu steigenden Mieten. Das ist vor allem mit Ausweichbewegungen von Investoren zu erklären. Denn wer aktuell Kapital zur Verfügung hat, investiert dieses vermehrt in qualitativ hochwertige Wohnungen in Regionen mit hoher Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum. Mieter soll sich daher auf steigende Kosten vor allem in Ballungszentren einstellen.
Fallen die Immobilienpreise steigt die Nachfrage nach Wohnungen. Gerade in Regionen mit großer Nachfrage hat dies teils erhebliche Konsequenzen für die Mieten. Und die Nachfrage ist deutschlandweit hoch, da der Bau neuer Wohnungen aufgrund steigender Kosten längst nicht so schnell vorankommt, wie dies durch die Politik geplant war.
Dieser Artikel erklärt, wie Immobilienpreise und Mieten miteinander verknüpft sind, welche Entwicklungen am Immobilienmarkt aktuell stattfinden und worauf sich Mieter einstellen sollten.
So sind Immobilienpreise und Mieten miteinander verknüpft
Auf dem Immobilienmarkt ist alles miteinander verknüpft. Sinkende Immobilienpreise gehen üblicherweise mit steigenden Kreditkosten sowie hören Baukosten einher. Die Folge ist, dass sich immer weniger Menschen Eigentum leisten können. Sie suchen daher nach Alternativen, um selbst wohnen oder gezielt investieren zu können. Viele von ihnen weichen daher auf Mietwohnungen aus, was das ohnehin begrenzte Angebot an bezahlbarem Wohnraum weiter verknappt.
Von dieser Entwicklung sind in Deutschland viele Menschen betroffen, da hier gerade einmal etwa 50% in einem eigenen Haus oder einer eigenen Wohnung leben. Die andere Hälfte wohnt zur Miete. Entsprechend müssen deutlich mehr Menschen mit steigenden Mieten kalkulieren. Deutschland wird in den kommenden Monaten somit besonders stark von den sinkenden Immobilienpreisen betroffen sein.
Hinweis: Im europäischen Ausland sieht die Lage etwas anders aus. Hier besitzen prozentual deutlich mehr Menschen Eigentum als in Deutschland. Somit haben die Entwicklungen am Immobilienmarkt auf weniger Menschen negative Auswirkungen.
All dies hat erhebliche Konsequenzen für Mieter. Diese müssen mit steigenden Mietpreisen rechnen. Das ist eine erhebliche Mehrbelastung, die in Kombination mit der extrem hohen Inflation zur Unzeit kommt. Es ist wichtig, sich auf diese Entwicklungen vorzubereiten und finanzielle Polster anzulegen. Nur dann ist es möglich, den eigenen Wohnraum weiter zu bezahlen und nicht an Lebensqualität einzubüßen.
Erstmals sinkende Preise nach über einem Jahrzehnt
Über 12 Jahre lang kannten die Preise von Immobilien nur eine Richtung: nach oben. Es ist somit legitim, von einer echten Zeitenwende am Immobilienmarkt zu sprechen. Die Immobilienpreise gehen deutschlandweit und selbst in Städten mit großer Nachfrage etwas zurück. Das bedeutet unter anderem, dass interessierte Käufer eine gute Verhandlungsbasis haben, und bei einem Kauf teils gutes Geld sparen können.
Das Statistische Bundesamt hat ermittelt, dass die Wohnimmobilienpreise durchschnittlich um 0,4% im Vergleich zum Vorquartal gefallen sind. Der Verband Deutscher Pfandbriefbanken (VDP) gibt den Rückgang sogar mit 0,7% an. Im Vergleich zum Vorjahresquartal ist hingegen ein leichter Preisanstieg festzustellen. Gleichzeitig führt die Abkehr der EZB von ihrer Niedrigzinspolitik dazu, dass Kreditzinsen am Markt spürbar ansteigen.
Im Bereich der Mieten setzt sich durch diese Entwicklung der Trend der letzten Jahre fort und beschleunigt sich sogar noch: Wohnraum wird teurer. Wer schon eine Wohnung hat, muss mit erheblichen Mehrbelastungen rechnen. Wer auf der Suche nach einem neuen Zuhause ist, wird es noch schwerer haben und sich einer noch größeren Konkurrenz gegenübersehen. Das gilt insbesondere für Ballungszentren, in denen schon heute eine hohe Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum besteht.
Weitere Preiskorrekturen sind wahrscheinlich
Es ist davon auszugehen, dass in nächster Zeit weitere Preiskorrekturen anstehen. So geht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) davon aus, dass die Immobilienpreise um bis zu 10% nachgeben könnten. Zu dieser Erkenntnis kam das Institut im Rahmen einer Studie, die in 97 deutschen Städten durchgeführt wurde. Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Immobilienpreise und die Mieten in keinem klar nachvollziehbaren Verhältnis mehr zueinander stehen. So kosteten Immobilien in Großstädten durchschnittlich so viel wie 28 Jahresmieten. Ein solcher wert war zuletzt in der Mitte der 90er Jahre erreicht worden. Das sei ein Hinweis auf „spekulative Übertreibungen“.
Die DZ Bank geht demgegenüber von deutlich moderateren Preiskorrekturen aus. Sie rechnet für 2023 mit einem Rückgang von 4%-6%. Hierbei erwarten die Analysten, dass die Preise bei Mehrfamilienhäusern etwas stärker zurückgehen dürften als bei Wohneigentum. Hierbei ist allerdings zu bedenken, dass innerhalb das letzten Jahrzehnts eine Verdoppelung der Immobilienpreise stattgefunden hat. Sollten die Preise um 20% zurückgehen, was utopisch wäre, wären die heutigen Immobilienpreise immer noch auf dem Niveau von 2020.
Stärken des deutschen Immobilienmarktes
Immer wieder werden Befürchtungen laut, dass sich eine Situation wie in der Mitte der 2000er Jahre wiederholen könnte. Damals stiegen die Kreditzinsen ebenfalls an, was vor allem bei amerikanischen Eigentümern zu Problemen führte. Viele waren nicht mehr in der Lage, ihren Kreditverpflichtungen nachzukommen, und verloren ihr Eigentum. Es kam zu einem Platzen der stark aufgeblähten Immobilienblase, was in der Folge zur globalen Finanzkrise führte.
Die heutige Situation in Deutschland ist aber nur bedingt mit der damaligen zu vergleichen. Das liegt daran, dass der deutsche Wohnungsmarkt als deutlich stabiler und verlässlicher eingeschätzt wird als der Immobilienmarkt der 2000er Jahre. Die Deutschen haben Immobilien langfristig finanziert und die Niedrigzinsphase genutzt, um sich eine lange Zinsfestschreibung zu sichern. Somit profitieren sie noch 10,15 oder sogar 20 Jahre von den ehemals niedrigen Zinsen. Deswegen ist nicht davon auszugehen, dass in Deutschland demnächst eine Immobilienblase platzen wird. Anders sieht das in Ländern wie Großbritannien oder Spanien aus, wo viel häufiger mit variablen Darlehen gearbeitet wird. Hier üben steigende Zinsen eine deutlich höhere Belastung auf Kreditnehmer aus.
Ein weiteres Argument, das gegen ein Platzen der Immobilienblase in Deutschland spricht, sind die teils extrem hohen Transaktionskosten. So müssen beispielsweise erhebliche Kosten für einen Makler eingeplant werden, wenn eine Immobilie verkauft werden soll. Kurzfristige Verkäufe werden somit vermieden. Preisrückgänge im Immobiliensektor sind daher lediglich bei bestimmten Arten von Immobilien zu erwarten. Das gilt beispielsweise für Objekte mit hohem Energieverbrauch oder in schlechter Lage.
Hinweis: Immobilienbesitzer können somit gezielt etwas gegen den Preisverfall tun, indem sie ihr Objekt beispielsweise mit einer modernen Dämmung ausstatten oder durch andere Sanierungsmaßnahmen zeitgemäß halten.
Nachfrage nach Wohnungen kann kaum gedeckt werden
Ein weiterer Grund für den teils starken Druck auf die Mietpreise besteht darin, dass die Nachfrage nach Wohnungen kaum gedeckt werden kann. Es steht einfach zu wenig Wohnraum zur Verfügung und es werden zu wenig neue Wohnungen gebaut. Das Ifo-Institut hat beispielsweise festgestellt, dass es beim Wohnungsbau immer wieder zu Stornierungen kommt. Das ist unter anderem auf die steigenden Kreditzinsen und die deutlich höheren Baukosten zurückzuführen. Entsprechend werden auch weniger Baufinanzierungen und Baugenehmigungen beantragt.
Diese Entwicklung betrifft nicht nur Privatpersonen, sondern auch den Staat. So gilt es als unwahrscheinlich, dass die Bundesregierung ihr selbstgesetztes Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen erreichen wird. Stattdessen geht der Bauverband ZDB davon aus, dass in 2023 lediglich 245.000 neue Wohnungen entstehen werden. Diese Zahl ist kaum dazu geeignet, den schon jetzt hohen und in Zukunft noch höheren Bedarf an bezahlbarem Wohnraum zu decken.
Die Kombination aus hoher Wohnungsnachfrage und knappem Angebot führt dazu, dass die Preise ansteigen. Hinzu kommt, dass die Zuwanderung aus dem Ausland nach der Pandemie mit ihren Beschränkungen und Lockdowns wieder deutlich zunehmen dürfte. Somit steigt die Nachfrage nach Wohnraum noch weiter. All dies führt dazu, dass nicht nur die Wohnungen teurer werden, sondern dass auch die Mieten ansteigen werden.
Verlagerungen auf den Mietwohnungsmarkt
Die Abkehr von der Niedrigzinspolitik hat dazu geführt, dass sich Kredite erheblich verteuert haben. Wer heute Eigenkapital besitzt, hat gute Chancen, im aktuellen Marktumfeld Renditen zu erwirtschaften. Wer hingegen ein Kaufinteresse besitzt, hierbei jedoch auf keine Ersparnisse zurückgreifen kann, hat das Nachsehen. Nur mit einem hohen Einkommen ist es dann möglich, Immobilien zu erwerben, ohne Gefahr zu laufen, von den hohen Kreditraten überfordert zu werden.
Viele Menschen, die über kein hohes Eigenkapital verfügen, weichen deswegen auf den Mietwohnungsmarkt aus. Entsprechend steigt hier der Druck erheblich an. Bisher wurden Neuvermietungen nur mit moderaten Aufschlägen vorgenommen. Aktuell ist bei Neuvertragsmieten jedoch ein Anstieg um bis zu 5% festzustellen. Das stellt eine erhebliche Mehrbelastung für alle dar, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind.
Die Situation auf dem Mietmarkt ist aktuell stark angespannt. Es gibt eine steigende Nachfrage, die einem sinkenden Angebot gegenübersteht. Angesichts der zahlreichen aktuellen Krisen, die unter anderem zu einer Zuwanderung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine führen, ist nicht davon auszugehen, dass sich an dieser Situation kurzfristig etwas ändert. Hinzu kommen die hohen Materialpreise, die Vermieter häufig an ihre Mieter weitergeben. All diese Entwicklungen legen nahe, dass die Mietpreise in naher Zukunft stark ansteigen werden.
Ein neues Verhältnis zwischen Immobilienpreisen und Mieten
Im vergangenen Jahrzehnt war es so, dass sich die Immobilienpreise immer stärker von den Mietpreisen entkoppelt haben. Die Preise für Wohneigentum sind extrem stark angestiegen und die Mieten haben nicht mitgehalten. Dieser Trend könnte sich nun umkehren. So hat das Institut der deutschen Wirtschaft ermittelt, dass die Angebotsmieten im dritten Quartal um 5,8% im Vergleich zum Vorjahresquartal angestiegen sind.
Das ist eine deutliche Verschiebung im Vergleich zu den Vorjahren. In sämtlichen Bundesländern ist dieser Trend zu erkennen. Die Vermutung liegt daher nahe, dass in Zukunft die Mieten deutlich schneller wachsen werden als die Immobilienpreise. Somit hätte sich die Entwicklung der vergangenen Jahre komplett umgekehrt.
Fazit: Mieter sollten sich auf Mehrkosten einstellen
Vieles spricht dafür, dass die Mieten in 2023 erheblich ansteigen werden. Für Mieter bedeutet das, dass sie sich auf eine ganz neue Situation einstellen müssen. Trotz zahlreicher Schwierigkeiten wie der Inflation und der unsicheren Weltwirtschaftslage ist es zwingend erforderlich, finanzielle Polster anzulegen und sich auf die Zukunft vorzubereiten. Nur dann ist es möglich, mit den zu erwartenden Mehrkosten fertigzuwerden und weder unter Kreditkosten noch unter Mietkosten zusammenzubrechen.