Die Eigentümergemeinschaft darf Kosten umverteilen. Laut eines neuen Urteils des BGH auch zulasten einer Minderheit. Was es mit dieser Entscheidung auf sich hat erfahren sie hier.
Bei Geld hört die Freundschaft auf, heißt es zumindest. In einer Wohnungseigentümergemeinschaft fängt es oftmals bei Geld erst an. Denn nicht selten wird darüber gestritten, wer welche Kosten tragen muss. Derartige Streitigkeiten landen regelmäßig vor Gericht und zuletzt auch vor dem Bundesgerichtshof. (BGH). Dieser hatte nun in zwei Verfahren zu entscheiden, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft Kosten auch zulasten einzelner Eigentümer umverteilen darf. Die Antwort des BGH auf diese wichtige Teilfrage lautet: Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen und nicht ohne sachlichen Grund. Wer welche Kosten normalerweise in einer Gemeinschaft trägt, wie der BGH bisher entschieden hat und was die neue Entscheidung für Sie bedeutet, erfahren Sie in diesem Beitrag.
WEG regelt gemeinsame Angelegenheiten der Eigentümer
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft meint den Zusammenschluss aller Eigentümer von Wohnungen einer Wohnungseigentumsanlage. Dies kann eine einzelne Immobilie, ein ganzer Wohnblock oder sogar noch größere Anlagen sein. Das Gesetz selbst spricht in § 9a des Wohnungseigentumsgesetzes von der „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“. Im allgemeinen Sprachgebrauch spricht abgekürzt aber oft von der WEG, obwohl das Wohnungseigentumsgesetz selbst ebenfalls mit WEG abgekürzt wird.
Der Verbund der Wohnungseigentümergemeinschaft regelt sämtliche gemeinschaftliche Angelegenheiten der Immobilie oder der gesamten Anlage gemeinsam. Das Wohnungseigentumsgesetz bildet dabei neben der heute gängigen Gemeinschaftsordnung die wichtigste Grundlage. Es regelt sowohl die Rechte, als auch die Pflichten der Eigentümer und der Gemeinschaft. Letztmalig wurde das Wohnungseigentumsgesetz 2020 umfassend reformiert.
Gemeinschaft finanziert sich durch das Hausgeld
Die Wohnungseigentümer leisten ein monatliches Hausgeld um die Eigentümergemeinschaft zu finanzieren. Das Hausgeld soll die laufenden Kosten für den Betrieb und die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums sowie dessen Instandhaltung decken. Grundlage ist der sogenannte Wirtschaftsplan, der von dem von der Gemeinschaft beauftragten Verwalter jährlich erstellt wird. Die Höhe des Hausgeldes bemisst sich dann nach den Miteigentumserteilen, sofern die Teilungserklärung nichts anderes vorsieht. Bei dem Hausgeld handelt es sich zudem um eine Vorauszahlung. Ähnlich wie bei den Vorauszahlungen für die Betriebskosten, die ein Mieter monatlich zu leisten hat, wird auch hinsichtlich des Hausgeldes nach Ablauf des Wirtschaftsjahres eine Jahresabrechnung erstellt. Die tatsächlichen Kosten der Gemeinschaft werden dann mit den durch das Hausgeld geleisteten Vorauszahlungen verrechnet.
Dem Verwalter kommt in der Praxis eine wichtige Rolle und Bedeutung zu. Er wird von den Wohnungseigentümern bestellt und abberufen. Gerade weil die Verwaltung wichtig ist, lauern auch hier potenzielle Streitpunkte, die im schlimmsten Fall zu einer Abberufung führen können. Die Befugnisse des Verwalters sind aber begrenzt. Seine Aufgabe ist die möglichst erfolgreiche Verwaltung der Eigentumsanlagen und Organisation der Gemeinschaft mit den zur Verfügung gestellten Mitteln. Über bedeutsame Aspekte und vor allem über Kosten kann er nicht eigenständig entscheiden. Dafür brauch es einen Beschlussantrag und in der Folge einen Beschluss der Eigentümerversammlung. In vielen Wohnungseigentümergemeinschaften ist dem Verwalter aber ein gewisser Rahmen vorgegeben, in welchem er auch eigenständig darf. Hinsichtlich der Kostenverteilung spielt die Musik bei den Eigentümer selbst.
Kostenverteilung ist häufig Streitpunkt
Es liegt auf der Hand und ist wohl kein Geheimnis, dass sich sich vieles in einer Gemeinschaft mehrerer Eigentümer um Geld dreht. Häufiger Streitpunkt ist in diesem Zusammenhang, ob bestimmte Kosten von den Eigentümern selbst oder von der Eigentümergemeinschaft zu tragen sind.
Kosten für die eigene Wohnung, also das „Sondereigentum“, haben die Eigentümer selbst zu tragen. Dies umfasst insbesondere die Instandhaltung der Wohnung selbst, also alles, was innerhalb der eigenen vier Wände anfällt. Gemeint sind etwa die Böden oder private Sanitäranlagen.
Kosten, die regelmäßig von der Gemeinschaft getragen werden, sind vor allem solche, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen und eben nicht zum Sondereigentum zählen. Die Kosten werden dann anteilig von den Eigentümer – meistens nach Miteigentumsanteilen – getragen. Dies betrifft etwa die Fassade, das Treppenhaus, die Außenanlagen oder das Dach.
Allerdings kann die Wohnungseigentümergemeinschaft durch Beschluss auch vieles selbst gestalten und in einem gewissen Umfang von den gesetzlichen Regelungen des WEG abweichen. Dies ist insbesondere dann möglich, wenn eine abweichende Verteilung sachlich gerechtfertigt ist. Dies kann zum Beispiel den Austausch der Fenster betreffen. Die genaue Kostenverteilung innerhalb einer Gemeinschaft ist daher individuell. Genau diese Freiheit der Eigentümergemeinschaft kann aber auch zu Streitigkeiten führen.
WEG darf Kosten grundsätzlich umverteilen
Dem Grundsatz nach werden alle Gemeinschaftskosten gemäß des neuen § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG nach Miteigentumsanteilen auf die Eigentümer umgelegt. Allerdings räumt das Gesetz dem Eigentümergemeinschaften einen großen Spielraum ein. Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG können die Wohnungseigentümer nämlich für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine abweichende Verteilung beschließen. Wie weit diese Kompetenz geht und wo sie ihre Grenzen findet war nun genau die Frage, welche der BGH in zwei Verfahren beantworten musste.
Dabei ist es nicht das erste Mal, dass der BGH mit der Kostenbeteiligung einzelner Eigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft beschäftigt ist. Denn im Rahmen einer Entscheidung im März 2024 betonte der BGH den Gestaltungsspielraum der Gemeinschaft. Dieser Gestaltungsraum reiche so weit, dass sogar bisher befreite Eigentümer durch einen abändernden Beschluss erstmalig an den Kosten beteiligt werden können. Dabei reiche in der Regel eine einfach Mehrheit aus.
Umverteilung zulasten einzelner Eigentümer ist unter gewissen Voraussetzungen möglich
In den nun entschiedenen Verfahren ging es darum, ob die Umverteilung der Kosten zulasten einzelner Eigentümer zulässig ist oder nicht. Diese Frage bewegt sich in dem bereits angerissenen Spannungsfeld des § 16 Absatz 2 WEG. Der BGH bejahte diese Frage. Die Mehrheit der Eigentümergemeinschaft könne demnach die Kosten auch zulasten einer Minderheit umverteilen. Allerdings ist dies nur unter bestimmten Voraussetzungen und nur aus einem sachlichen Grund möglich.
Im ersten Fall hatte sich eine Eigentümerin zunächst gegen einen Mehrheitsbeschluss der Gemeinschaft gewehrt, der sie plötzlich an den Sanierungskosten für eine Tiefgarage beteiligen sollte. Sie selbst hatte keinen Stellplatz in der zur Wohnanlage gehörenden Tiefgarage. Der BGH gab der Eigentümerin Recht. Zwar habe die Gemeinschaft das Recht gehabt, den Beschluss zu fassen und verfüge demnach über die notwendige Beschlusskompetenz. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft könne eine festgeschriebene Kostentrennung zwischen unterschiedlichen Gebäudeteilen nicht einfach ohne weiteres abändern. Der Fall wurde schließlich an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Die Vorinstanz hatte in der Folge zu prüfen, ob es im konkreten Einzelfall sachliche Gründe für den Beschluss hab. Ein solcher ergab sich daraus, dass die Sanierung des Garagendachs wegen Schäden notwendig gewesen sei, welche vom übrigen Gemeinschaftseigentum außerhalb der Tiefgarage herrührten. Dies sei ein sachlich hinreichender Grund, um die Kostenbeteiligung der Klägerin zu rechtfertigen. Der BGH wies die Klage daher mit Urteil vom 14.02.2025, Aktenzeichen: V ZR 236/23 ab.
Im zweiten, vom BGH zu entscheidenden Fall hatte eine Eigentümergemeinschaft mehrerer Gewerbeeinheiten beschlossen, Kosten künftig nach beheizbarer Wohnfläche entsprechend zu verteilen. Bis dahin wurden nach Miteigentumsanteilen umgelegt. Infolge dessen mussten zwei Beisitzerinnen deutlich mehr zahlen. Zudem änderte sich durch den Beschluss auch der Schlüssel zur Bildung von Rücklagen innerhalb der Gemeinschaft.
Der BGH entschied sich auch in diesem Urteil vom 14.02.2025, Aktenzeichen: V ZR 128/23, für die Eigentümergemeinschaft. Die Abänderung der Kostenverteilung und des Schlüssels zur Bildung für Rücklagen sei zulässig. Er argumentierte diesmal damit, dass es für die vorherige Privilegierung keinen sachlichen Grund gegeben hätte. Das Urteil der Vorinstanz sei ohne Rechtsfehler gewesen.
Eigentümer können gegen Beschluss klagen
Das Wohnungseigentumsgesetz auch einen Minderheitenschutz vor, der vor der Willkür schützen soll. Realisiert wird dies dadurch, dass einzelne Eigentümer gegen den Beschluss klagen können. Hält ein einzelner Eigentümer einen Beschluss also für rechtswidrig oder willkürlich, kann er oder sie sich mit einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage gegen diesen wehren.
Das Gericht kann einen Beschluss, der mit einer Anfechtungsklage angegriffen wird, dann für ungültig erklären. Allerdings muss eine Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung erhoben werden. Inhaltlich kommt es dann darauf an, ob der Beschluss tatsächlich das Gesetz, die Teilungserklärung oder die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung verstößt oder einzelne Eigentümer unbillig benachteiligt werden.
Eine sogenannte Nichtigkeitsklage hat hingegen die Feststellung der Nichtigkeit zum Ziel. Das Gericht kann dann feststellen, dass der Beschluss von Anfang an nichtig war, weil er etwa gegen gesetzliche Regelungen verstößt oder der Eigentümerversammlung zum Beispiel die Beschlussfähigkeit gefehlt hat. Die Nichtigkeitsklage ist im Gegensatz zur Anfechtungsklage nicht fristgebunden.
Beachten sollte ein klagender Eigentümer jedoch, dass die Prozesskosten der Gemeinschaft im Fall einer erfolgreichen Klage auch auf ihn selbst umgelegt werden. Dies entschied der BGH zuletzt im Juli 2024. Dogmatisch ist dieser Ansatz sauber, denn auch der klagende Eigentümer ist Teil der Gemeinschaft, die er verklagt. Kritik an dieser Rechtsprechung besteht aber nachhaltig deshalb, weil dies potenziell dazu führen könnte, dass ein potenzieller Kläger von der Klage abgehalten wird.